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title: "Bundeswehr ja/nein und wenn ja, wie? - Eine linke Antwortsuche"
date: 2016-08-08 14:00:00 +0200
categories: politics
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## Einleitung
Es gibt ein Thema, mit dem sich linke Parteien und Organisationen im
Nachkriegsdeutschland traditionell schwertun und das ist die Frage der Bundeswehr.
Beim Sommerinterview der ARD mit Katja Kipping wurde dies deutlich. Es gibt
eine begründete Position gegen Auslandseinsätze bzw. gegen solche, die eine
militärische Intervention darstellen. Allerdings wird vermieden eine Positivliste
für die Bundeswehr aufzustellen. Also Dinge, die akzeptabel wären. Es gibt
auch linke Positionen, die eine komplette Abschaffung der Bundeswehr fordern.
Da dies aber eindeutig inkompatibel mit SPD und Grünen ist, vermeiden Spitzenpolitiker
der Linke solche Äußerungen. Innerparteilich scheint es zu diesem Thema auch keine
einheitliche Position zu geben. Somit scheint diese vage Äußerung Programm zu sein,
um sowohl die "Realos" in der Partei - repräsentiert durch Bodo Ramelow und Gregor
Gysi - als auch die extrem Linken zusammenzufassen.
In einer ähnlichen Weise - nur auf der anderen Seite des Spektrums - ist auch
die CDU ein solch historischer Zusammenschluss vieler Kleinstparteien und
unterschiedlicher politischer Gruppierungen.
## Full Disclosure
Im Folgenden werde ich auf die im Titel aufgeworfene Frage eingehen. Zunächst
jedoch ein paar "Full Disclosure"-Angaben. Ich habe
eine besondere Perspektive auf dieses Thema, da ich die Organisation Bundeswehr
durch meinen Vater aus der Innenperspektive kenne, gleichzeitig aber auch die
Außenperspektive als Zivilist einnehme. Dabei ist mein Vater in der Bundeswehr
kein Unbekannter, sondern hat mittlerweile den Dienstgrad eines Flotillenadmirals
erlangt und arbeitet in der Teilstreitkraft Marine. Einige Infos gibt es auf
der [Wikipediaseite](https://de.wikipedia.org/wiki/Jean_Martens) und in einer
Pressemitteilung zum letztjährigen [Kommandowechsel in Kiel](http://www.presseportal.de/pm/67428/3000562).
Ich würde lügen, wenn ich sagte, dass dies alles überhaupt keinen Einfluss auf
mich hat. Allerdings wäre es auch gelogen zu sagen, dass ich deswegen keine
Kritik äußern könnte. Schließlich ist es weder mein Verdienst noch mein Verschulden,
dass mein Vater in der Bundeswehr ist und hat dementsprechend auch keinen Einfluss
auf die Legitimität meiner Äußerungen.
## Ist die Bundeswehr nötig?
Zu Beginn stellt sich die Frage, ob die Bundeswehr überhaupt notwendig ist. Diese
Frage kann in erster Linie NICHT mit Nato-Verpflichtungen beantwortet werden.
Die Notwendigkeit einer Streitkraft mit der Lizenz zum Töten - reguliert durch
Gesetze, Verordnungen und internationale Verträge - muss eigenständig gegeben
sein. Ist sie das?
Es gibt Sicherheitsrisiken auf dieser Erde. Was für Risiken sind das? Zum Einen
sind dies totalitäre Regime wie Nordkorea, die ein Potential für Aggression haben.
Angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen sind dies aber auch die USA
unter einem Donald Trump, Polen, die Türkei, Saudi-Arabien
und auch Russland. Das sind Staaten, von denen Risiken ausgehen. Das bedeutet
NICHT, dass sie jeden Moment zum Angriffskrieg blasen und man deswegen
sofort aufrüsten sollte. Es ist erst einmal nur ein Risikofaktor, nicht mehr und
nicht weniger.
Ebenfalls gibt es aktuell defacto den islamischen Staat sowie etliche Terrororganisationen,
die Unsicherheit verbreiten.
Zusätzlich gibt es Ärgernisse, die dem Handel schaden, aber keine Sicherheitsbedrohung
für Deutschland darstellen. Dazu gehören zum Beispiel Piraten. Auch die Taliban
in Afghanistan bedrohen nicht unsere Sicherheit in Deutschland.
An dieser Stelle werden jetzt viele linke Geister getriggert und werden aufführen,
dass aber z.B. der islamische Staat durch den Irakkrieg erst entstanden ist.
Ruhig Brauner. Dazu komme ich noch. ;) Ein wesentlicher Unterschied zwischen
konservativen Äußerungen (CDU, CSU) zur Sicherheitspolitik und linken sollte
sein, dass wir den Unterschied zwischen Risiken, akuten Bedrohungen und
den Maßnahmen zu deren Beseitigung kennen. Die Risiken aufzuführen heißt noch nicht,
dass ein Krieg automatisch die Reaktion ist. Leider ist dies der Kurzschluss,
den viele Konservative machen (Risiko bedeutet akute Bedrohung bedeutet
Verteidigungsfall bedeutet militärische Intervention sofort nötig). Diese
Schlussfolgerung ist Bullshit.
Meiner Meinung nach brauchen wir die Bundeswehr für den möglichen Ernstfall,
der angesichts der Gleichschaltungen in Polen und dem Dauer-Notzustand in Frankreich
leider wahrscheinlicher scheint. Das war auch die Ursprungsidee der Bundeswehr
während des Kalten Krieges: eine Verteidigungsarmee gegen die NVA.
Damit wäre aus meiner Sicht schon einmal klar, dass man die Bundeswehr haben
möchte. Dann bleibt natürlich die Frage, wie soll sie eingesetzt werden?
## Wie soll die Bundeswehr eingesetzt werden?
### Inlandseinsatz
Im Inland gibt es genau 2 Fälle außerhalb des Verteidigungsfalls, die einen
Einsatz ermöglichen. Bei Naturkatastrophen und im Falle eines Notzustands.
Darüber hinaus brauchen wir einen Inlandseinsatz der Bundeswehr nicht.
Für alle Inlandsfragen haben wir Polizei, LKAs das BKA und Sondereinheiten
wie GSG9. Die Bundeswehr hat bei polizeilichen Aufgaben nichts zu suchen
und entsprechende Bestrebungen von CDU Innen- und Verteidungsministern
konsistent durch etliche Regierungen hinweg sind ein klares Zeichen dafür,
dass die CDU es mit der Verfassung nicht so eng sieht.
### Auslandseinsätze
Bleibt die spannende Frage des Auslandseinsatzes. Also die Möglichkeit die
Bundeswehr einzusetzen, während man - zynisch gesprochen - auf den Ernstfall
wartet. Dort gibt es auch zweierlei Einsatzkategorien:
- militärische Mandate
- rein zivile Mandate
Ich habe nichts gegen die zivilen Mandate, also zum Beispiel der Katastrophenhilfe.
Allerdings würde ich perspektiv den Aufbau eines Internationalen Technischen Hilfswerks
bevorzugen, welches genau für solche Fälle geeignet ist. Ebenfalls sollte
man ggf. das THW in Deutschland ausbauen statt die Bundeswehr im Innern einzusetzen.
Interessanterweise gibt es noch einen weiteren Punkt des Auslandseinsatzes,
der nicht der Bundestag-Zustimmung bedarf und zwar Übungen. Bisher gilt
dort ein Blankoscheck und alle NATO-Übungen und EU-Übungen sind Fair Game.
Übungen dienen aber auch politischen Zwecken, um Macht zu demonstrieren.
Daher bin ich entschieden gegen Übungen in der Nähe von Russland und anderen
Ländern, mit denen wir eine angespannte Beziehung haben. Von Russland
geht zwar ein Risiko aus, aber man sollte Russland nicht unnötigerweise
reizen mit großangelegten Übungen vor der Grenze. Putin ist nicht der Herrscher,
den man durch Druck klein bekommt. Übt man militärischen Druck aus, dann erwidert
Putin diesen.
Aus meiner Perspektive sollten solche Übungen nicht mit deutscher Beteiligung
stattfinden. Denn diese dienen nicht der Deeskalation, sondern eskalieren
eine Situation und sorgen somit nicht für eine friedlichere Welt.
Kurze Zusammenfassung der bisherigen Argumentation:
- Bundeswehr ja
- Inlandseinsätze nicht ausweiten
- zivile Auslandseinsätze OK
- keine eskalierenden Übungen
### militärische Auslandseinsätze
Wir kommen zum wohl schwierigsten Part des ganzen Themas. Welche militärischen
Auslandseinsätze sind OK und welche nicht? Oder wollen wir gar keine?
Es gibt eine notwendige Bedingung, bevor ein Einsatz überhaupt erwogen wird.
Der Einsatz muss völkerrechtskonform sein. Das geht durch folgende zwei
Möglichkeiten:
- UN-Sicherheitsrat erteilt ein Mandat
- legitime amtierende Regierung erteilt Erlaubnis zum Militäreinsatz im betroffenen
Staatsgebiet
Dafür spielt es keine Rolle, ob die NATO den Einsatz befürwortet oder nicht.
Deutsche Truppen sollten an keinem Einsatz beteiligt sein, der gegen das
Völkerrecht verstößt. Wenn die NATO einen völkerrechtswidrigen Einsatz fährt,
dann muss sich Deutschland davon eindeutig distanzieren. Ein sog. Verteidgungsbündnis
ist keines mehr, wenn es völkerrechtswidrig agiert.
Nun mögen einige mit dem humanitären Not argumentieren. Doch seien wir mal ehrlich:
Seit wann helfen Waffen und Töten, um eine humanitäre Notlage zu beseitigen?
Wenn diese Notlage durch kriegerische Handlungen entstanden ist, dann müssen
diese Handlungen beendet werden. Das funktioniert aber nicht, indem wir den einen
Elendsverursacher durch den anderen (uns) ersetzen.
Wenn wir einseitig - sprich völkerrechtswidrig - solche Interventionen machen,
dann wird so eine Handlung damit aus unserer Sicht legitimisiert. Wie wollen wir
dann z.B. Russland dafür verurteilen mit einem Referendum die Krim völkerrechtswidrig
zu annektieren? Ein Recht ist nur solange wirksam, wie sich alle Parteien
gleichermaßen daran gebunden fühlen. Wenn es nur einseitig angewandt wird,
dann ist es wertlos. Diesen Wertverlust des Völkerrechts können wir uns aber
nicht leisten, wenn wir eine friedliche Welt haben wollen.
Wohlgemerkt die Konformität mit dem Völkerrecht ist lediglich eine notwendige
Bedingung für die Akzeptanz eines militärischen Auslandseinsatzes, nicht eine
Hinreichende.
Wenn die notwendige Bedingung erfüllt ist, gibt es dann überhaupt hinreichende
Bedingungen, die einen Einsatz aus linker Perspektive erlauben würden?
Vielleicht. Doch erst einmal gibt es noch weitere notwendige Bedingungen,
die bei Nichteinhaltung zum Ausschluss führen.
Das Ziel des Einsatzes darf nicht der Sturz eines Regimes sein und wenn man
es noch so hasst. Der Einsatz darf auch nicht zum Sturz führen, da dies bislang
immer im Chaos endete. In Libyen gab es ein UN-Mandat für eine Flugverbotszone.
Schlussendlich haben dadurch die Gegenkräfte von Gaddafi die Oberhand gewonnen
und Gaddafi schließlich getötet. Was folgte? Ein zusammengebrochener Staat,
etliche militante Banden mit Waffen und eine Keimzelle von Terrororganisationen.
Sowas kann nicht funktionieren. Eine Demokratisierung mithilfe von Militäreinsatz
kann nur funktionieren, wenn einige Bedingungen erfüllt sind:
- Bevölkerung will mehrheitlich Regierung loswerden
- Bevölkerung ist nicht in zwei große Gruppierungen (Sunni/Shiiten) gespalten
- es gibt eine Art Zusammengehörigkeitsgefühl/Nationalgefühl
- nach dem Sturz der Regierung bleibt die Ordnung durch lokale Polizeieinheiten
gesichert
- lokale Verwaltungen weiter im Amt unter neuer Oberhoheit
- es gibt bereits demokratische Entwicklungen im Land, auf denen aufgebaut werden kann
- Besatzer werden als Befreier und nicht als Eroberer gesehen
- kontrollierter Wiederaufbau der Zivilgesellschaft, Wirtschaft, etc.
- Investitionsprogramm in die örtliche Infrastruktur
Im Prinzip sind das die Bedingungen, die aus dem einzigen historisch erfolgreichen
Beispiel (Nazi-)Deutschland kommen. Die Alliierten waren ganze 4 Jahre Besatzer
und fast 10 Jahre gab es nicht mal einen teilsouveränen deutschen Staat. Erst
1990 wurde Deutschland theoretisch komplett souverän, auch wenn es ohne den kalten
Krieg sicherlich früher hätte passieren können.
Diese Bedingungen sind bisher in Gänze bei keinem der Interventionseinsätze gegeben
gewesen und das Resultat sehen wir heute. Zudem kann der eigenen Bevölkerung nie verkauft
werden, dass man absehbar für Jahrzehnte Besatzer wird und Milliarden in den Wiederaufbau
dort steckt, wenn zuhause massive soziale Probleme warten und das betroffene Land
uns nicht wirklich bedroht. Daher werden immer halbe Sachen gemacht und ein kurzfristiger
Militäreinsatz versprochen ohne aber die Folgen des Einsatzes zu planen. Die Politiker
sind wohl über 100 Jahre nach dem 1. WK immer noch dem Märchen verhaftet, dass
ein militärischer Einsatz innerhalb von wenigen Monaten beendet sein kann.
Aus dieser Tatsache kann es nur 2 mögliche Folgen geben:
- keine Interventionen mehr machen
- ehrlich sein und bei gegebenen Bedingungen gleich für Jahrzehnte reingehen
und keine halben Sachen mehr machen
Es gibt schlichtweg keinen schnellen und einfachen Weg zur Problemlösung mithilfe
des Militärs. Eine militärische Karte steht nicht für die schnelle Lösung, sondern
für eine zweifelhafte, langwierige und ungewisse Lösungsmöglichkeit.
Da eine jahrzehntelange Besatzung nicht von der UN genehmigt werden wird,
scheiden somit alle Interventionen ala Libyen, selbst wenn ein UN-Mandat vorliegt,
aus.
Zusammengefasst scheiden also militärische Einsätze aus, die den Sturz einer
Regierung beabsichtigen oder ermöglichen.
Damit bleiben also alle Einsätze, die eben dies nicht tun. Die Mission zum Schutz
der Handelsschiffe am Horn von Afrika ist somit akzeptabel. Ebenso sind es
Missionen gegen Terrororganisationen auf dem Gebiet eines Staates, wenn dieser
Staat einen dazu einlädt. Wenn solch ein Staat eine Diktatur ist und die
Terrororganisation tatsächlich eine und nicht etwa bloß eine unliebsame
Oppositionsgruppe, dann kann man aus humanitären Gründen für einen solchen Einsatz
sein, ihn aber klar mit Kritik an der Regierung und deren Handeln verknüpfen.
Außerdem sollte man dann auch nur gegen die Terrororganisation arbeiten und nicht
gegen unliebsame Oppositionelle oder die Zivilbevölkerung.
Ebenfalls erlaubt wären Ausbildungseinsätze. Dort müsste jedoch von Fall zu Fall
geschaut werden, wem man dort hilft. Ausbildungseinsätze in Diktaturen sind nicht
akzeptabel. Wenn ein Volk sich selbst befreit und dann eine gewählte Regierung
um Hilfe bei dem Aufbau von rechtsstaatlich organisierten Polizei- und Militäreinheiten
bittet, dann ist dies akzeptabel.
### Stationierungen
Ein letzter Punkt vor einer Zusammenfassung sind die Stationierungen der Bundeswehr
im Ausland. Auch bei solchen sollte immer geschaut werden, ob diese eskalierend
oder deeskalierend wirken. Eine Stationierung in undemokratischen Ländern ist
inakzeptabel.
### Zusammenfassung
Nachdem der schwere Punkt der Auslandseinsätze geklärt wurde, folgt hier eine
Zusammenfassung.
Grundsätzliches
- Bundeswehr? ja
- KEINE Ausweitung des Inlandseinsatzes
- zivile Auslandseinsätze? OK
- KEINE völkerrechtswidrigen Einsätze
- KEINE Einsätze, die Regierung stürzen sollen oder dies ermöglichen
Positivliste
- Ausbildungseinsätze in demokratischen Ländern
- Schutzeinsätze für zivile Schiffe
- Anti-Terroreinsätze auf Einladung einer Regierung
Negativliste
- eskalierende Übungen (z.B. an Grenze zu Russland)
- eskalierende Stationierungen
- Stationierungen in undemokratischen Ländern
Dieser ganze Abschnitt sollte eine klare Liste an Richtlinien liefern, nach denen
Auslandseinsätze begutachtet werden.
## Wie werden die Ursachen der Konflikte behoben?
Zuguterletzt folgt noch ein Abschnitt darüber, mit welchen begleitenden Maßnahmen
etwaige akzeptable Militäreinsätze gepaart werden müssen. Im Falle des Einsatzes
zum Schutz vor Piraten am Horn von Afrika muss auch die humanitäre Hilfe in Somalia
auf der Agenda stehen, damit die Menschen dort eine andere Lebensgrundlage
bekommen können.
In ganz Afrika gibt es Probleme. Das bedeutet, dass Europa die Schulden aus der
Kolonialzeit endlich abbezahlen muss, indem die Länder in Afrika die Entwicklungshilfe
bekommen, die sie verdienen. Das heißt ein rigoroses Ende für eine Umverteilung
von deutschen Steuergeldern zu deutschen Unternehmen über den Umweg Entwicklungshilfe.
Stattdessen muss die lokale Wirtschaft gefördert werden. Dazu gehört auch ein
Ende von repressiven Freihandelsabkommen, die die lokale Wirtschaft strangulieren
und europäische Konzerne ungleichmäßig bevorteilen.
Das KnowHow - sprich Bildung - muss nach Afrika exportiert werden. Schaut man
nach Europa so war Bildung seit jeher Triebfeder vom Fortschritt. Diese Chance
wird vielen Afrikanern bislang verwehrt. Häufig aufgrund von Unruhen und instabilen
Staaten. Es wird wichtig werden die Zivilbevölkerung in allen stabilen Staaten
zu fördern. Denn nicht nur Unruhe breitet sich aus, auch positive Beispiele
können sich verbreiten.
Außerdem müssen positive Beispiel viel mehr Aufmerksamkeit erhalten. Denn sie
sorgen für ein Erfolgsgefühl und reduzieren Fluchtursachen. Ein gutes
Beispiel dafür ist die
[Bekämpfung von Ebola in Sierra Leone](https://media.ccc.de/v/32c3-7561-how_open_source_software_second_hand_laptops_and_hackers_helped_stop_ebola_and_stopped_an_apocalypse).
## Einstellung zu den Soldat_innen der Bundeswehr
Im Militär zu arbeiten ist nicht ein Job wie jeder andere. Aber es wäre auch falsch
zu behaupten, dass alle Militärangehörige Spaß am Töten hätten und Monster seien.
In der Tat sind Soldat*innen die genau so einen Spaß am Töten haben, fehl am Platz
in der Bundeswehr. Die Bundeswehr steht vor dem Problem, dass sich hauptsächlich
völkische, nationalistische und rechte Personen freiwillig zur Bundeswehr melden.
Genau diese Personen kann die Bundeswehr nicht gebrauchen, muss sie aber in zunehmendem
Maße nehmen, weil es kaum andere Bewerber gibt.
Die Antwort darauf darf nicht lauten, dass die Bundeswehr als normaler Job stilisiert
wird und man z.B. auf der Gamescom versucht Jugendliche für die Bundeswehr zu begeistern.
Allerdings kann man auch nicht für eine Bundeswehr sein ohne diese Problematik
zumindest zu erörtern.
Ganz wichtig wäre die Änderung der Einstellung zu den Soldat_innen im Einsatz.
Diese suchen sich die Auslandseinsätze nicht aus. Von daher sind auch sie
nicht Schuld an den Folgen der Einsätze, sondern die Politiker, die eben jene
Einsätze befürworten. Wenn wir die Bundeswehr auf Einsätze schicken, dann
muss sie auch für die Einsätze gut ausgerüstet sein und die Soldat_innen müssen
die Unterstützung vor, während und NACH dem Einsatz bekommen, die sie verdienen.
Wer unter PTBS bzw. PTSD (engl.) leidet, muss die notwendige medizinische Versorgung
bekommen und es darf nicht darauf hinauslaufen, dass medizinisches Personal
Empfehlungen geben muss, die nicht dem besten gesundheitlichen Interesse des
Patienten/der Patientin dienen. Wer nicht mehr in einen Einsatz
sollte, dem muss ein Psychologe/Mediziner auch sagen dürfen, dass die Bundeswehr
nicht mehr der richtige Arbeitsort ist.
Genauso wie wir die Fluchtursachen bekämpfen müssen und nicht die Symptome
(Geflüchtete), müssen wir auch die Entscheidungsträger zur Verantwortung
ziehen und nicht die Soldat_innen verantwortlich machen. Es muss ein
Ende geben mit den sog. Bauernopfern wenn es einen Skandal gibt. Es wird Zeit,
dass eine grundlegende Aufarbeitung stattfindet bevor man den Skandal für beendet
erklärt.
## Abschluss
Ich hoffe diese Perspektive ist für einige sich als links identifizierende
Menschen hilfreich bei der Positionsbestimmung diesbezüglich. Es soll keineswegs
einen heiligen Gral darstellen und beansprucht auch nicht die beste Position
zu sein, aber sie ist eine Grundlage für die Diskussion, die auf Basis der häufig
vagen Positionen von linken Politikern schwierig ist. Vielleicht hilft diese
Perspektive auch der Partei Die Linke für sich eine ähnlich klare Linie zu finden.
Im Übrigen fehlt auch bei den Grünen, der SPD, der CDU und der CSU eine solche
klare Linie. Denn immer nur zuzustimmen ist keine Position. Wo ist die ausformulierte
Richtlinie nach der in diesen Parteien entschieden wird, welche Einsätze OK sind
und welche nicht? Solange man diese Richtlinie nicht hat, ist man beliebig
und kann bei Ablehnung eines Einsatzes - wenn man sonst immer zustimmt - schlecht
argumentieren, warum man ausgerechnet gegen einen Einsatz ist. Die Linke ist
in der außergewöhnlichen Position kategorisch gegen Auslandeinsätze gewesen zu sein.
Daher kann sie als Resultat eines partiinternen Verfahrens so eine Richtlinie
herausgeben und diese würde - glaubwürdig argumentiert - nicht wie ein Ausverkauf
der eigenen Position und auch nicht wie Wahlkampfstrategie aussehen.