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title: "Rot-Rot-Grün 2017"
date: 2016-07-26 15:00:00 +0200
categories: politics
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Rot-Rot-Grün ist mittlerweile ein Begriff geworden. In Thüringen regiert
unter Bodo Ramelow die erste Rot-Rot-Grün Regierung Deutschlands, wenngleich
dort nicht die SPD, sondern die Linkspartei die führende rote Partei ist.
Auf Bundesebene wäre dies gewiss die SPD.
## Analyse Merkel-Regierungen
Nach 12 Jahren Merkel in 2017 (2005-2017) und zwei großen Koalitionen geht
es den meisten Leuten nicht besser als 2005. Stattdessen kam die Wirtschafts-
und Bankenkrise 2008 und diese ist für die meisten Leute bis heute nicht
überwunden. Die Antwort auf die Schuldenkrise war knallharte Austerität -
Sparen um jeden Preis. Nun ist die Erzählung von vernünftiger Haushaltsführung
nicht unbedingt falsch. Ein Staat sollte nicht endlos Schulden aufnehmen,
da dies in eine Abwärtsspirale führt und das zur Verfügung stehende Geld
immer weiter abnimmt aufgrund der Zinslast. Aber die Austerität ist auch
keine Lösung. Denn es wird ja nicht einmal wirklich bei jedem gespart.
Die Politikerdiäten werden erhöht, die Konzerne können weiter Steuern in großem
Maße hinterziehen und mit CETA und TTIP wird gleich die gesamte Daseinsfürsorge
auf dem Altar der Privatisierung und der Großkonzerne geopfert. Währenddessen
sollen sich aber die Geringverdiener und die untere Mittelschicht den Gürtel
immer enger schnallen.
Dies haben die Leute mehrheitlich satt. Die Zustimmung zu dieser Art der Politik
ist in konstantem Verfall. Große Unternehmen berichten über Rekordgewinne,
aber bei der breiten Masse der Bevölkerung kommt davon nichts an. Wenn dann
in Griechenland eine Regierung an die Macht kommt, die genau diese Art der
Politik vertritt, dann wird seitens der Regierung in Deutschland das beliebte
Spiel des Divide and Conquer gespielt und die betroffenen Bürger*innen Deutschlands
werden gegen die griechische Bevölkerung unter Verwendung alter Vorurteile und
falscher Fakten ausgespielt. Damit wird von den Problemen im eigenen Land
abgelenkt. Genau dieses Verhalten unserer Regierung befördert aber Nationalismus
und Antisolidarität. Außerdem verfestigt es den Eindruck, dass die Politik
"da oben" keinen Kontakt mehr zu den Menschen hat.
Kurz darauf kommt die Flüchtlingskrise. In der wird vordergründig auf Solidarität
gespielt ohne auf die legitimen Kritikpunkte einzugehen. Ämter sind massiv
unterbesetzt, es gibt zu wenige Flüchtlingsunterkünfte und es werden keine
Perspektiven geschaffen. Aus dem Grund ist dann auch Merkels Mitmenschlichkeit
gescheitert. Es reicht eben nicht aus einfach "Hoffnung! Solidarität! Toleranz!
Mitmenschlichkeit! Nächstenliebe!" zu sagen. Diese Werte müssen mit konkreten
Taten - sprich finanzielle Mitteln - untermauert werden und zwar so, dass
nicht der Eindruck entsteht, dass hier eine sozial unterprivilegierte Gruppe
gegen die nächste ausgespielt wird. Dies wurde aber versäumt. Dadurch sind
latent vorhandene rassistische Resentiments gepaart mit realen und legitimen
Existenzängsten zu einer gefährlichen Mischung geworden. Es wurde ein Monster
erschaffen. Als Reaktion wurde dann versucht diesem Monster nach dem Mund zu
reden, indem die Grenzen dicht gemacht worden sind und ein Deal mit der
Türkei gemacht wurde. Vordergründig hat dies der negativen Stimmung Abhilfe
getan, aber zu welchem Preis? Damit wurden ausländer- und fremdenfeindliche
Positionen legitimiert und zum Mainstream erhoben.
Dies hat die AfD massiv beflügelt in den Umfragen, denn es waren sie, die genau
solch ein hartes Vorgehen gegen Flüchtlinge gefordert hatten und durch den
Flüchtlingsdeal mit der Türkei wurde die AfD zum Sieger und Mitmenschlichkeit
zum Verlierer erklärt.
Wer unterstützt jedoch die AfD? Neben den offensichtlichen Rassisten und Neonazis,
die damit ihre Politik in den Bundestag bringen wollen, gibt es auch viele
normale Bürger*innen, die jene Partei unterstützen. Sie fühlen sich abgehängt
von der Wirtschaft und sind es oft auch und sind der Meinung, dass die
Politik sie nicht vertritt. Die AfD bietet einfache Antworten darauf, wird von
vielen aber auch schlicht als Protest genutzt.
Wie kommen wir aus der Situation jedoch heraus? Und warum hat die Linke so
wenig Erfolg, wenn es doch wirtschaftlich vielen nicht gut geht?
## Probleme der Linkspartei
Bei der Linkspartei ist zu bemerken, dass sie keinen klaren Kurs erkennen lässt.
Es gibt den reformorientierten Flügel der Partei, der über eine Regierungsbeteiligung
echte Verbesserungen erreichen möchte und an die Grundstruktur unserer Demokratie
glaubt. Ein Vertreter davon ist Gregor Gysi. Es gibt aber auch Gruppierungen
in der Partei, die eine klare Oppositionsorientierung wollen und somit
eine kurzfristige Verbesserung erst einmal ausbremsen. Zudem gibt es in Deutschland
historisch bedingt eine Aversion gegenüber der Linkspartei. Trotz weitreichender
inhaltlicher Übereinstimmung mit den Forderungen der Linkspartei, wählen viele
Menschen die Partei nicht. Viele finden Gregor Gysi gut, die Linkspartei jedoch
nicht. Es ist daher wichtig, dass sich die Linkspartei zusammenreißt und
eine reformorientierte Programmatik aufstellt und z.B. eine Regierungsbeteiligung
nicht an der NATO-Frage scheitern lässt. Die NATO ist ein Problem und das muss
angegangen werden, aber der Diskurs ist da nicht weit genug. Erst einmal
muss der Rechtsruck aufgehalten und die politische Mitte wieder nach links
verschoben werden.
## Zusammenhang der Probleme
Die Regierung hat bei den angesprochenen Problemen versagt, doch sie können
nicht einzeln gelöst werden. Denn das Scheitern hat System. Das Kernproblem
ist die Austerität und Unterfinanzierung von so gut wie jeder Sache.
Die Reaktion hätte lauten können, dass die schwarze Null nicht heilig ist
und dass daher die Ämter vernünftig ausgestattet werden, Flüchtlingsunterkünfte
gebaut werden, die soziale Lage der Menschen in Deutschland verbessert wird
und die Infrastruktur repariert wird.
Aufgrund der jahrelangen Inaktivität der Regierung was solche sinnvollen
Aktionen angeht und die Konzentration auf Spezialinteressen, haben sich die
einzelnen Probleme derart verschlimmert, dass sie nur noch mit einem großen
Wurf behoben werden können. All das muss gleichzeitig angegangen werden,
wenn ein Auseinanderbrechen unserer sozialen Struktur verhindert werden soll.
## Notwendigkeit von Rot-Rot-Grün 2017
Vor dem Hintergrund brauchen wir ab 2017 eine Regierung, die für die Menschen
im Land da ist, mit der bisherigen Politik bricht, die Wirtschaft für ALLE
zum Laufen bringt, in Bildung investiert, Diskriminierung beendet und trotzdem
vernünftige Haushaltspolitik macht. Das ist möglich, aber nur mit Rot-Rot-Grün
und der CDU in der Opposition.
## Wahlkampf für Rot-Rot-Grün 2017
Dafür müssen jedoch SPD, Grüne und Linke gemeinsam die Mehrheit der Sitze
im neuen Bundestag bekommen. Da wir keine Koalitionen wählen können, muss
die Wahl so ablaufen, dass alle Parteien zusammen gewinnen.
Am wichtigsten ist dabei jedoch, dass die SPD stärkste Kraft im Bundestag
wird. Andernfalls würde zunächst die CDU eine Regierungsbildung versuchen
und es würde sehr viel negative Berichterstattung geben, wenn SPD und Grüne
- die Linke würde nie mit der CDU koalieren - taktieren, damit die CDU
keine Regierung bilden kann und dann die SPD mit der Regierungsbildung
beauftragt wird.
Daher wird es wichtig den aktuellen Trend der SPD umzukehren und alle neuen
Wähler\*innen für die SPD zu gewinnen. Dafür werden die jungen Wähler\*innen
entscheidend sein, denn sie sind traditionell linker als die Älteren.
Zentral dafür wird es sein glaubwürdig für eine bessere Zukunft zu werben,
in die jede*r glauben kann. Es wird nötig sein eine Revolution der Politik
zu starten und junge Menschen zu involvieren. Nicht umsonst hat Bernie Sanders
in den USA gerade bei jungen Personen so viel Zulauf bekommen.
Ums mal direkt und persönlich zu machen: Ich habe 2013 für die Linkspartei
aufgrund der Inhalte gewählt. Aber ich war nicht wirklich motiviert und
hätte auch keinen Wahlkampf für die Linkspartei oder irgendeine Partei gemacht.
Bernie Sanders hat es geschafft, dass ich, ein deutscher Bürger ohne Wahlrecht
in den USA, mich mit dem Vorwahlkampf der Demokraten beschäftigt habe und
emotional in die Zukunft der USA investiert bin. Ich hätte für ihn Wahlkampf
gemacht, wenn ich in den USA wohnen würde. Diese Aktivität hat ein Feuer
in mir entfacht, welches durch die Gründung von Diem 25 durch Yanis Varoufakis
bestärkt wurde. Ich möchte nicht nur, dass Merkel abgewählt wird, ich bin
auch bereit mich dafür im Wahlkampf einzusetzen, WENN es eine echte progressive
Alternative zu Schwarz-Irgendwas gibt.
Rot-Rot-Grün ist eine solche Alternative. Wenn die SPD, Grünen und Linke glaubwürdig
für dieses Bündnis eintreten und einen Politikwechsel aktiv und glaubhaft vertreten,
dann ist das eine Zukunft, in die ich glauben kann und für die ich mich dann
auch in meiner Freizeit einsetzen werden. Genau dieses Feuer des Engagements
muss in Millionen von jungen Wähler\*innen in ganz Deutschland entfacht werden.
Sie sind die Zukunft dieses Landes und es muss wieder eine Perspektive für
sie geben. Solch ein Feuer kann aber nicht durch dröge und langweilige
Politikerreden entfacht werden. Ein solches Feuer kann nur durch Leute
entfacht werden, die selbst Feuer und Flamme für eine echte politische
Verbesserung sind. Nur wenn sich Politiker*innen mit voller Wucht rhetorisch und
emotional hinter ihren Wahlkampf stellen, wird ein Politikwechsel möglich.
Der Start dieses Feuers wäre die Ausnutzung der vorhandenen Rot-Rot-Grün Mehrheit
im Bundestag, um konsensuale Dinge zu verabschieden. Ganz oben auf der Liste
ist die gleichgeschlechtliche Ehe bzw. die Öffnung der Ehe für alle. Dafür
gibt es eine Mehrheit im Bundestag, Bundesrat und in der Gesellschaft. Es wird
Zeit, dass es umgesetzt wird.
Die Fortsetzung wäre ein Wahlkampf, indem alle Kräfte gegen die CDU und AfD
konzentriert werden. Dadurch gäbe es 3 Parteien, die alle gegen CDU und AfD
Wahlkampf machen, aber nicht gegen sich selbst. SPD, Grüne und Linke
haben Differenzen und können diese auch im Wahlkampf äußern. Aber jegliche
Negativität sollte auf die CDU und AfD konzentriert werden.
Im Rahmen eines solchen koordinierten Wahlkampfes sollten gerade politisch
Aktive von Minderheiten eine Rolle spielen. Auch politisch Aktive Jugendliche
und junge Wähler*innen sollten auf Wahlkampfveranstaltungen sprechen können.
Es muss gezeigt werden, dass der Bundestagswahlkampf ALLE etwas angeht. Das geht
nur, wenn auch aus allen Gruppen der Bevölkerung Leute aktiv im Wahlkampf sind.
Nicht nur die Spitzenkandidaten und bekannte Bundespolitiker sollten sprechen.
Diese sind eher Ballast, denn ihre Reden klingen wohl eingeübt und wenig authentisch.
Gemeinsam können wir es schaffen. Diversity is our strength. We are stronger
together than divided.
In this sense: [Red-Red-Green](https://www.rot2gruen.de) in 2017.