[Sem-Frieden] Stilistische Fehler behoben

Signed-off-by: Jim Martens <github@2martens.de>
This commit is contained in:
Jim Martens 2015-03-10 21:02:08 +01:00
parent 0617966016
commit 45b051f3d7
1 changed files with 96 additions and 18 deletions

View File

@ -46,19 +46,20 @@ Studiengang BSc. Informatik
\newpage
\section*{Zusammenfassung}
Die Haager Landkriegsordnung (kurz: HLKO) ging aus den Haager Friedenskonferenzen (1899 und 1907) hervor und steht am Ende eines langen Weges, der im 16. Jahrhundert begann. Zentrale Punkte der HLKO sind der Kombattantenstatus, die Regeln des humanitären Völkerrechts bzgl. der erlaubten feindlichen Aktivitäten und das Verhalten im Falle einer Besatzung. Bis heute hat die HLKO eine weitreichende Bedeutung. Insbesondere die Martens'sche Klausel findet sich in zahlreichen internationalen Verträgen.
\newpage
\tableofcontents
\newpage
\section{Vorbemerkung}
Aus den Haager Friedenskonferenzen ging die Haager Landkriegsordnung hervor. Die Konferenzen gelten als Meilenstein in der Kodifikation von geltendem Kriegsvölkerrechts. Doch sie sind keineswegs eine plötzliche Erscheinung gewesen, sondern stehen am Ende eines Weges, der sich über mehrere Jahrhunderte erstreckt. In diesem Paper wird die Haager Landkriegsordnung hauptsächlich unter dem Punkt des Kombattantenstatus betrachtet. Denn die Unterscheidung zwischen rechtmäßig Kämpfenden und der unschuldigen Zivilbevölkerung ist Grundlage unseres heutigen westlichen Werteverständnisses.
Aus den Haager Friedenskonferenzen ging die Haager Landkriegsordnung hervor. Die Konferenzen gelten als Meilenstein in der Kodifikation von geltendem Kriegsvölkerrecht. Doch sie sind keineswegs eine plötzliche Erscheinung gewesen, sondern stehen am Ende eines Weges, der sich über mehrere Jahrhunderte erstreckt. In diesem Paper wird die Haager Landkriegsordnung hauptsächlich unter dem Punkt des Kombattantenstatus betrachtet. Denn die Unterscheidung zwischen rechtmäßig Kämpfenden und der unschuldigen Zivilbevölkerung ist Grundlage unseres heutigen westlichen Werteverständnisses.
Im Folgenden wird daher der historische Weg mit den wichtigsten Meilensteinen erläutert, um anschließend beide Konferenzen vorzustellen, wobei natürlich auch die übrigen Regelungen, wie z.B. zu erlaubten Waffengattungen, Erwähnung finden werden. Beide Konferenzen werden schließlich unter dem Aspekt des Kombattantenstatus ausgewertet, um mit Schlussbemerkungen zu schließen.
Der Weg zu den Konferenzen orientiert sich an Buß\cite{Buss1992}.
\section{Weg zu den Friedenskonferenzen}
Der Weg zu den Haager Friedenskonferenzen beginnt nicht erst im 19. Jahrhundert, sondern bereits weit früher im Mittelalter. Eine Kodifikation des Kriegsrechts setzt voraus, dass die Einhaltung dieses Rechts auch sichergestellt werden kann. Dazu ist Disziplin in der kämpfenden Truppe notwendig, was wiederum andere Voraussetzungen hatte.
Der Weg zu den Haager Friedenskonferenzen beginnt nicht erst im 19. Jahrhundert, sondern bereits weit früher im Mittelalter. Eine Kodifikation des Kriegsrechts setzt voraus, dass die Einhaltung dieses Rechts auch sichergestellt werden kann. Dazu ist Disziplin in der kämpfenden Truppe notwendig.
Die erste Möglichkeit einer solchen Kontrolle auf Einhaltung hatten die Römer mit ihren hochdisziplinierten Truppen. Allerdings wurde die Möglichkeit nicht genutzt. Die gegnerische Zivilbevölkerung war häufig genauso Ziel militärischer Handlungen wie die gegnerischen Soldaten. Ein paar hundert Jahre später gab es mit dem Rittertum ausgebildete Kämpfer, die jedoch Einzelkämpfer waren und keineswegs die Zivilbevölkerung schonten.
@ -90,7 +91,7 @@ In Bezug auf den Kombattantenstatus vertreten die Wissenschaftler die Position d
\subsection{Vorarbeiten zur ersten Friedenskonferenz}
Im Auftrag des Zaren Nikolaus II. verschickte der russische Außenminister Graf Mouravieff ein diplomatisches Rundschreiben, dass zu einer internationalen Konferenz einlädt. Zusätlich zu allen in Petersburg diplomatisch vertretenen Staaten ging die Einladung an Luxemburg, Montenegro und Siam. Fast alle Staten nahmen die Einladung an, sodass insgesamt 26 Teilnehmer zu verzeichnen waren. Damit war die zu einer Konferenz bereiten Staaten fast doppelt so hoch, wie 25 Jahre zuvor in Brüssel.\cite{Buss1992}
Im Auftrag des Zaren Nikolaus II. verschickte der russische Außenminister Graf Mouravieff ein diplomatisches Rundschreiben, das zu einer internationalen Konferenz einlädt. Zusätzlich zu allen in Petersburg diplomatisch vertretenen Staaten ging die Einladung an Luxemburg, Montenegro und Siam. Fast alle Staten nahmen die Einladung an, sodass insgesamt 26 Teilnehmer zu verzeichnen waren. Damit war die Zahl der zu einer Konferenz bereiten Staaten fast doppelt so hoch, wie 25 Jahre zuvor in Brüssel.\cite{Buss1992}
Auf Einladung der niederländischen Regierung begann die Konferenz am 18. Mai 1899 in Den Haag. Sie war nicht ausdrücklich auf die Kodifikation ausgerichtet, sondern vielmehr wollten die an der Konferenz teilnehmenden Staaten Instrumente zur friedlichen Streitbeilegung schaffen. Insofern war auch Rüstungsbeschränkung Ziel der Konferenz.
@ -137,7 +138,7 @@ Um die Wichtigkeit dieser Deklaration verstehen zu können, muss die Diskussion
\subsection{Schlüsselpunkte}
Aufgrund der Erfahrungen von der Brüsseler Deklaration wurden die Artikel nicht in numerischer Reihenfolge bearbeitet. Stattdessen wurde mit den Artikeln begonnen, bei denen die geringsten Meinungsverschiedenheiten vermutet wurden. Als Folge daraus wurde die Rolle der Kombattanten und Nichtkombattanten erst in der bereits oben angesprochenen elften Sitzung (von insgesamt zwölf) behandelt. Anhand dieser Diskussion kann beispielhaft das Spannungsverhältnis auf der Konferenz und insbesondere in der zweiten Unterkommission der zweiten Kommission sichtbar gemacht werden.
Aufgrund der Erfahrungen mit der Brüsseler Deklaration wurden die Artikel nicht in numerischer Reihenfolge bearbeitet. Stattdessen wurde mit den Artikeln begonnen, bei denen die geringsten Meinungsverschiedenheiten vermutet wurden. Als Folge daraus wurde die Rolle der Kombattanten und Nichtkombattanten erst in der bereits oben angesprochenen elften Sitzung (von insgesamt zwölf) behandelt. Anhand dieser Diskussion kann beispielhaft das Spannungsverhältnis auf der Konferenz und insbesondere in der zweiten Unterkommission der zweiten Kommission sichtbar gemacht werden.
Zunächst werden die Artikel 9 und 10 ohne Änderungen einstimmig nach ein paar Reden angenommen. Artikel 11 über die Rolle der Nichtkombattanten in Heeresverbänden wird ebenso schnell angenommen. Danach beginnt jedoch die Diskussion über die zusätzlichen Artikel von dem englischen Delegierten Sir John Ardagh und der schweizerischen Delegation.
@ -155,7 +156,7 @@ Artikel der schweizerischen Delegation:
occupied territory for having openly taken up arms against the invader.
\end{quotation}
Sir John Ardagh wird vom Vorsitzenden Martens gefragt, ob das Einfügen des Artikels in das Protokoll ausreicht. Ardagh zieht es jedoch vor, dass der Artikel nach Artikel 11 eingefügt wird. Allerdings besteht er nicht darauf, sollte die Unterkommission seinem Wunsch widersprechen. In jenem Fall möchte er jedoch, dass über sein Artikel abgestimmt wird. Die schweizerische Delegation schließt sich mit einer eloquenten Rede dem Vorschlag von Ardagh an und zieht ihre Änderungsvorschläge für Artikel 9 und 10 zurück. Anschließend ergreift der deutsche Delegierte Schwarzhoff das Wort und hält eine berühmt gewordene Rede. Zentraler Punkt seiner Rede ist, dass die in Artikel 9 und 10 gefassten Bestimmungen nicht ausgeweitet werden sollten. Als Reaktion darauf zieht die schweizerische Delegation ihren Artikel zurück und empfiehlt die Annahme des Artikels von Ardagh. Ardagh besteht darauf, dass sein Artikel als separater Artikel eingefügt und dass darüber abgestimmt wird.
Sir John Ardagh wird vom Vorsitzenden Martens gefragt, ob das Einfügen des Artikels in das Protokoll ausreicht. Ardagh zieht es jedoch vor, dass der Artikel nach Artikel 11 eingefügt wird. Allerdings besteht er nicht darauf, sollte die Unterkommission seinem Wunsch widersprechen. In jenem Fall möchte er jedoch, dass über seinen Artikel abgestimmt wird. Die schweizerische Delegation schließt sich mit einer eloquenten Rede dem Vorschlag von Ardagh an und zieht ihre Änderungsvorschläge für Artikel 9 und 10 zurück. Anschließend ergreift der deutsche Delegierte Schwarzhoff das Wort und hält eine berühmt gewordene Rede. Zentraler Punkt seiner Rede ist, dass die in Artikel 9 und 10 gefassten Bestimmungen nicht ausgeweitet werden sollten. Als Reaktion darauf zieht die schweizerische Delegation ihren Artikel zurück und empfiehlt die Annahme des Artikels von Ardagh. Ardagh besteht darauf, dass sein Artikel als separater Artikel eingefügt und dass darüber abgestimmt wird.
Léon Bourgeois fasst die Situation zusammen und stellt fest, dass im Prinzip alle Ardagh zustimmen, wenngleich die genaue Formulierung zu Problemen führen kann. Nach einigen weiteren Beiträgen beschließt die Unterkommission einstimmig, dass die Deklaration des Präsidenten in das finale Protokoll der Konferenz aufgenommen werden soll. Als Folge darauf wird Ardagh gebeten seinen Artikel zurückzuziehen, da er in der Essenz mit der Deklaration des Präsidenten übereinstimmt. Nachdem ihm angeboten wird, dass der Artikel neben der Deklaration des Vorsitzenden erscheint, zieht er seinen Artikel zurück.
@ -189,7 +190,7 @@ Anhand der hier sichtbaren Zielsetzung wird klar, dass die zweite Friedenskonfer
Auch die zweite Konferenz war in verschiedene Kommissionen und Unterkommissionen unterteilt. In den folgenden Zeilen werden die Aufgabengebiete der einzelnen Kommissionen kurz umrissen.
Die erste Kommission beschäftigte sich mit den Verbesserungen für die Regeln der friedlichen Streitbeilegung, sowie um die Frage von Belohnungen im Seekrieg (engl.: "`maritime prizes"').
Die erste Kommission beschäftigte sich mit den Verbesserungen für die Regeln der friedlichen Streitbeilegung und den Belohnungen im Seekrieg (engl.: "`maritime prizes"').
In der zweiten Kommission wurden die Verbesserungen für die Landkriegsordnung, einige Deklarationen von 1899, die Rechte und Pflichten von neutralen Staaten auf dem Land und der Beginn von Feindseligkeiten behandelt.
@ -201,24 +202,101 @@ Durch die Größe der Konferenz und damit auch der zweiten Kommission ist es dah
\section{Haager Landkriegsordnung}
Die Landkriegsordnung war eine von 13 Konventionen, die am Ende der Friedenskonferenzen als Ergebnis stand. In Langform heißt sie "`Convention regarding the laws and customs of war on land"'\cite{Scott-V1-1921}. In dem einleitenden Text findet sich auch die Martens'sche Klausel wieder. Die eigentlichen Regulierungen finden sich im Anhang zur Konvention. Die Konvention selber enthält Artikel zu den Formalia und ist an sich nicht interessant. Lediglich ein Artikel sticht dort hervor und dies ist Artikel 2, der im weiteren Verlauf den Namen Allbeteiligungsklausel bekam. In kompletter Länge lautet er folgendermaßen:
\begin{quotation}
The provisions contained in the Regulations referred to in Article 1, as well as in the present Convention, do not apply except between contracting Powers, and then only if all the belligerents are parties to the Convention.
\end{quotation}
Dieser Artikel wird für die Analyse der Auswirkungen noch eine wichtige Rolle spielen. Zunächst sind jedoch die eigentlichen Regulierungen von Interesse. Diese Regulierungen werden auch Haager Landkriegsordnung (kurz: HLKO) genannt. Im weiteren Verlauf wird der Begriff der Landkriegsordnung verwendet. Die HLKO unterteilt sich in drei Abschnitte: Der erste Abschnitt befasst sich mit den Kriegsteilnehmern (engl.: belligerents), der zweite Abschnitt mit feindlichen Auseinandersetzungen, sprich den militärischen Aktivitäten selbst. Der dritte Abschnitt schließlich beschäftigt sich mit den Regeln einer Besatzung. Im Rahmen dieser Analyse wird auf alle Abschnitte eingegangen, der Fokus wird allerdings auf die ersten beiden Abschnitte gelegt. Der erste Abschnitt beginnt im ersten Kapitel auch zugleich mit dem Kombattantenstatus.
Artikel 1 und 2 entsprechen den bereits besprochenen Artikeln 9 und 10 der Brüsseler Deklaration. Aufgrund ihrer Signifikanz folgen sie hier in kompletter Länge.
Artikel 1 befasst sich mit dem Kombattantenstatus im Allgemeinen.
\begin{quotation}
The laws, rights, and duties of war apply not only to armies, but also to militia and volunteer corps fulfilling the following conditions:
\begin{enumerate}
\item That they be commanded by a person responsible for his subordinates;
\item That they have a fixed distinctive emblem recognizable at a distance;
\item That they carry arms openly; and
\item That they conduct their operations in accordance with the laws and customs of war.
\end{enumerate}
In countries where militia or volunteer corps constitute the army, or form part of it, they are included under the denomination ``army''.
\end{quotation}
Artikel 2 erweitert diese Einteilung für unbesetztes Gebiet und schließt dort auch die Levée en masse mit ein.
\begin{quotation}
The population of a territory which has not been occupied who, on the
approach of the enemy, spontaneously take up arms to resist the invading troops
without having had time to organize themselves in accordance with Article 1,
shall be regarded as belligerents if they carry arms openly and if they respect
the laws and customs of war.
\end{quotation}
Aus diesen beiden Artikel geht sehr klar hervor, dass ein asymmetrischer Kampf nicht gestattet ist. Die Gründe dafür sind vielfältig, aber der deutsche Delegierte auf der ersten Friedenskonferenz hat es sehr gut auf den Punkt gebracht\footnote{siehe der Unterabschnitt über Schlüsselpunkte bei der ersten Haager Friedenskonferenz}: Wenn eine Armee friedliche Zivilisten von potentiellen Untergrundkämpfern nicht unterscheiden kann, wird sie alleine aus Eigenschutz alle Zivilisten unter Generalverdacht stellen. Ein fast perfide aktuelles Beispiel zu dieser über 100 Jahre alten Aussage ist der Krieg in Afghanistan. Auf der einen Seite die technisch hochgerüsteten Westarmeen und auf der anderen Seite die technologisch schwächeren Taliban. Diese kämpfen jedoch keine offene Feldschlacht, sondern greifen aus dem Hinterhalt einzelne Patrouillen an. Das Ergebnis ist ein Generalverdacht gegen alle Zivilisten und daraus resultierend viele zivile Kollateralschäden. Aber Afghanistan ist keine Ausnahme. Vielmehr sind der asymmetrische Konflikt zur Regel und die klassischen Kriege des 19. Jahrhunderts die Ausnahme geworden.
Die HLKO hat demnach mit diesen beiden Artikeln immer noch eine unvorstellbare Brisanz für die heutige Welt. Doch sie besteht aus mehr als nur dem Kombattantenstatus. Im zweiten Kapitel befasst sie sich mit der Behandlung von Kriegsgefangenen.\cite{Scott-V1-1921} Viele der Regelungen sind mittlerweile veraltet, aber ein paar zentrale Aspekte behalten weiterhin Relevanz:
\begin{itemize}
\item Kriegsgefangene dürfen nicht am Krieg teilnehmen (inklusive kriegsrelevanter Arbeit)
\item sie müssen wie die eigene Armee versorgt werden
\item sie sind nach Friedensschluss freizulassen
\end{itemize}
Kapitel 3 beschäftigt sich mit den Verwundeten und Kranken. Der einzige Artikel dieses Kapitels verweist für die entsprechenden Regelungen auf die Genfer Konvention. Im zweiten werden die erlaubten bzw. verbotenen militärischen Aktivitäten behandelt. Dabei ist gleich der erste Artikel -- Artikel 22 -- von besonderem Interesse. Dieser fasst die Grundlage aller weiteren Regulierungen gut zusammen:
\begin{quotation}
The right of belligerents to adopt means of injuring the enemy is not unlimited.
\end{quotation}
Diese wichtige Erkenntnis der HLKO ist das Ergebnis eines langen Erkenntnisprozesses, der mit Francisco de Vitoria 1532 begann. Der direkt folgende Artikel 23 ist sodann auch eine Bestätigung eben jenes Grundsatzes, in dem eine bestimmte Liste von Waffen und Aktionen verboten wird. Wohlwissend dass eine abschließende Nennung aller potentiell neuen Grausamkeiten nicht möglich ist, erlaubt der Artikel eine weitere Einschränkung über das beschriebene Maß hinaus.\cite{Scott-V1-1921} Die folgenden Waffen oder Maßnahmen werden u.a. explizit verboten:
\begin{itemize}
\item Nutzung von Gift oder vergifteten Waffen
\item hinterhältige Ermordung oder Verwundung von Angehörigen der feindlichen Nation oder Armee
\item Tötung oder Verwundung eines wehrlosen Feindes
\item Verwendung von Waffen oder Material welches unnötigen Schaden verursacht
\item Zerstörung oder Aneignung von feindlichem Eigentum solange es nicht zwingend militärisch notwendig ist
\end{itemize}
Diese und weitere Regeln in nachfolgenden Artikeln des zweiten Abschnittes können dem humanitären Völkerrecht zugerechnet werden, welches sich um eine Schadensbegrenzung im Falle eines Krieges bemüht. So werden Offiziere angehalten bei bevorstehenden Bombardierungen, welche nicht mit einem Sturmangriff verbunden sind, die Behörden der betroffenen Stadt im Voraus über die Bombardierung zu informieren.\cite{Scott-V1-1921}
Im dritten Abschnitt wird die Besatzung behandelt. Hier wird der humanitäre Ansatz sehr deutlich, was sich zum Beispiel an Artikel 46 zeigt\cite{Scott-V1-1921}:
\begin{quotation}
Family honor and rights, the lives of persons, and private property, as well as religious convictions and practice, must be respected.
Private property cannot be confiscated.
\end{quotation}
Die Enteignung von Privateigentum wird hier explizit verboten. Ein weiterer brandaktueller Artikel ist Artikel 50:
\begin{quotation}
No general penalty, pecuniary or otherwise, shall be inflicted upon the population on account of the acts of individuals for which they cannot be regarded
as jointly and severally responsible.
\end{quotation}
Dieser Artikel verbietet ziemlich klar die Kollektivbestrafung. Damit bietet der Artikel auch einen guten Rückbezug zur Definition von Kombattanten. Diese Regelung zum Schutz vor Kollektivbestrafung ist nur möglich, weil es der Bevölkerung des besetzten Gebietes untersagt ist gegen den Besatzer zu kämpfen. Es gibt noch weitere Regelungen, aber das waren die wesentlichen Artikel der HLKO.
\section{Auswertung}
\begin{itemize}
\item gelungene Kodifikation des vorher bereits geltenden Kriegsgewohnheitsrechts
\item Bestimmungen zum Kombattantenstatus und Behandlung von Kombattanten auch im 1. WK weitgehend eingehalten
\item Allbeteiligungsklausel nicht so problematisch, wie es scheint
\end{itemize}
\cite{Gasser1991}
\cite{Lingen2014}
\cite{Fraenkel1968}
\cite{Heffter1951}
\cite{DeutschesReich2010}
Nachdem die Konferenzen selber und die resultierende Haager Landkriegsordnung präsentiert wurden, geht es jetzt an die Auswertung der HLKO. Der wohl interessanteste Konflikt dafür ist der wenig später stattfindene Erste Weltkrieg. Anhand der Verwendung von Giftgas im Krieg mag man schnell zum Schluss kommen, dass die HLKO nutzlos war und sich niemand daran gehalten hat. Ein weiteres beliebtes Argument ist die Allbeteiligungsklausel: Es waren Nicht-Signatarstaaten Kriegsteilnehmer und daher ist die HLKO wirklos. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht.
Es stimmt sicherlich, dass die Ordnung nicht wirklich eingehalten worden ist. Gerade die Bestimmungen zu verbotenen Waffengattungen wurden bspw. im Fall des Giftgases gebrochen. Aber es gibt auch die andere Seite der Haager Landkriegsordnung. Die Bestimmungen zum Kombattantenstatus wurden weitgehend eingehalten\cite{Buss1992} und das obwohl es später auch Kriegsteilnehmer gab, die die HLKO nicht unterschrieben hatten. Auf der anderen Seite waren zu Beginn des Krieges die Kriegsteilnehmer allesamt Vertragsparteien der HLKO\cite{Buss1992}. Dennoch wurden Regelungen gebrochen. Die Allbeteiligungsklausel hat demnach keine wirkliche Argumentationskraft.
Von dem Giftgas abgesehen sind im 1. WK auch viele neue Waffengattungen zum Einsatz gekommen, von denen in der HLKO keine Rede war und die aufgrund ihrer Neuheit auch keinen anderen restriktiven Regulierungen unterlagen.
Der mitunter größte Knackpunkt der HLKO bleibt jedoch das fehlende Verifizierungsregime. Allerdings sind diese Regelungen, anders als etwa der spätere Nichtverbreitungsvertrag für Nuklearwaffen, auch nicht so einfach zu überprüfen. Da sie sich mit den Kriegsaktivitäten beschäftigen, müsste zunächst einmal Krieg herrschen, damit überhaupt verifiziert werden kann. Dann müsste es bei jeder Armeeeinheit einen Zuständigen für die Verifizierung geben, der aufpasst, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Wie praktikabel dies ist kann hinterfragt werden. Auf jeden Fall müsste es jedoch eine im Nachgang zum Krieg stattfindene Verurteilung von Kriegsverbrechen geben. Aus diesem Anreiz heraus ist dann 2002 der Internationale Strafgerichtshof entstanden. Allerdings sind noch nicht alle Staaten dem dazugehörigen Vertrag beigetreten. Ein promintenter Vertreter dieser Gruppe sind die USA\footnote{Signatarstaat, aber noch nicht ratifiziert}.
\section{Schlussbemerkungen}
Im Verlauf dieses Papers ist deutlich geworden, dass bei vielen Punkten in der HLKO eine Aktualität gegeben ist, die zunächst unwahrscheinlich erscheint. Viele ihrer Regelungen könnten 1:1 in die heutige Zeit ohne Bedeutungsverlust transferiert werden. Einige weitere müssten lediglich angepasst werden. Diese Tatsache zeigt in besonderer Weise, was den Delegierten 1899 und 1907 gelungen ist. Sie haben nicht nur damals geltendes Kriegsgewohnheitsrecht kodifiziert, sondern auch ein mehrheitlich zeitloses Werk geschaffen, welches zur Pflichtlektüre eines jeden Militärs gehören sollte. Diese Tatsache ist zugleich aber auch eine herbe Enttäuschung, denn offenbar hat sich in den letzten 100 Jahren so wenig zum Positiven geändert, dass die gleichen Regelungen immer noch Anwendung finden können.
Es hat fast 100 Jahre seit dem Ende der zweiten Haager Friedenskonferenz gedauert, bis 2002 der internationale Strafgerichtshof eingerichtet wurde. Noch immer sind nicht alle Staaten dem Vertrag von Rom (engl.: Rome Statute) beigetreten. Viele Kriegsverbrechen der letzten Zeit werden nicht verfolgt und der Drohnenkrieg lässt die Regelung zum Kombattantenstatus verschwimmen.
Der asymmetrische Konflikt ist nicht nur ärgerlich für die betroffenen Armeen, sondern schadet in immenser Weise der Zivilbevölkerung auf beiden Seiten. Durch Kollateralschäden bei Drohnenangriffen werden Antipathien gegen die USA erzeugt. Wird dies kombiniert mit schlechter Infrastruktur und geringen Chancen im Leben, dann ergibt sich ein toxisches Gemisch, welches sich in Richtung Terrorismus entwickeln kann. Dieser wiederum trifft die Zivilbevölkerung auf der anderen Seite. Als Reaktion darauf folgt der nächste Drohnenangriff. Daran wird perfekt deutlich, warum ein asymmetrischer Konflikt in seinen Konsequenzen wiederum symmetrisch ist. Die Spirale der Gewalt gegen Zivilbevölkerung kann nur durchbrochen werden, wenn eine Seite den ersten Schritt tut. Dies kann im Prinzip nur die organisierte staatliche Seite sein, die ein Gewaltmonopol über ihre Beteiligung am Konflikt hat.
Allerdings mangelt es angesichts dieser Situation nicht an Gesetzen oder Regeln, sondern an der Umsetzung eben jener. Daher muss mit Hochdruck an der Motivsuche für etwaige Aktionen gearbeitet werden. Wenn die Motive für terroristische Aktionen oder ähnliche asymmetrische Handlungen gefunden sind, dann muss daran gearbeitet werden diese Motive zu invalidieren. Das beste Rezept dazu ist nicht Militär, sondern ein gut funktionierender Staat, der nicht korrupt ist und jungen Leuten Perspektiven bietet. In solch einem Staat werden es Terrororganisationen sehr viel schwerer haben Unterstützer zu finden, als in einem sogenannten "`failed state"'.
Vor diesem Hintergrund und bezugnehmend auf die Intentionen der Haager Friedenskonferenzen kann nur an alle Zuständigen appelliert werden keine militärischen Operationen gutzuheißen, denn diese schaden am Ende allen Beteiligten. Sie verbrennen Geld und zerstören Familien auf beiden Seiten. Stattdessen sollte sich wieder auf die in der HLKO gefassten Werte zurückbesonnen und gemeinsam nach einer Lösung gesucht werden.
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
\newpage
@ -227,7 +305,7 @@ Durch die Größe der Konferenz und damit auch der zweiten Kommission ist es dah
%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
\newpage
\addcontentsline{toc}{section}{Anhang}
%\newpage
%\addcontentsline{toc}{section}{Anhang}
\end{document}