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post Bericht von Erster Maisitzung des G20-Sonderausschusses 2018-05-20 10:00:00 +0200 politics G20 /politics/

Am 17. Mai setzte der G20-Sonderausschuss seine Arbeit fort. Die Sitzung startete etwas verspätet, sodass ich trotz meiner verspäteten Ankunft noch alle inhaltlichen Beratungen mitbekommen habe.

Für einen detaillierten Blick auf die Befragungen sei auf das Wortprotokoll verwiesen. Dieser Bericht schildert meine Eindrücke und beschränkt sich auf einige Kernelemente und Schlussfolgerungen meinerseits.

Tagesordnung Wortprotokoll

Ablauf der Sitzung

Auf der Sitzung wurden lediglich die Aktivitäten am Rondenbarg, der Elbchaussee und der Großen Bergstraße (Punkt a) behandelt. Die Behandlung der sonstigen Demos am Freitag (7. Juli) und der Einstieg in die Aktivitäten am Freitagabend im Schanzenviertel wurde auf die nächste Sitzung nach der öffentlichen Anhörung verschoben und findet daher vsl. am 7. Juni statt.

Die Sitzung wurde um 21 Uhr beendet.

Disput über Videos

Vor den inhaltlichen Beratungen beschäftigte sich der Ausschuss mit offenbar relativ kurzfristig nicht zur Verfügung gestellten Videos. Die LINKE hatte wohl sogar einen Antrag gestellt, dass der Senat dem Ausschuss jegliche Videos zur Verfügung stellen sollte. Ich habe jedoch nur einen Teil dieser Debatte mitbekommen, daher verweise ich für den kompletten Eindruck auf das Wortprotokoll.

Die Obleute aller Fraktionen haben sich einmütig geäußert und darum gebeten, dass der Senat dem Ausschuss sämtliches verfügbare Material zur Verfügung stellt, soweit es rechtlich möglich ist. Herr Grote entgegnete daraufhin, dass er diesen Unmut nicht verstehen könne. Der Senat unterstütze den Ausschuss in erheblichem Maße. Allerdings seien Beweismittel von der Vorlagepflicht ausgenommen und die Staatsanwaltschaft entscheide über die Vorlegbarkeit von Material. Die angesprochenen Videos seien Teil von Ermittlungsverfahren, zudem gebe es ein riesiges Volumen an Videos, welches sich nur mit entsprechender Software durchsehen lasse. Der Senat gehe aber gerne in die Diskussion mit der Staatsanwaltschaft, ob eventuell doch noch einige Videos für den Ausschuss freigegeben werden könnten. Grote betonte nochmals, dass der Schutz von Ermittlungsverfahren ein zwingender Grund für die Nichtvorlage von Akten bzw. Videos sei und dieser Grund auch in nicht-öffentlicher Sitzung gelte.

Ausgangslage am Freitagmorgen

Im Verlaufe der Ausschreitungen nach der Welcome to Hell Demonstration waren Menschen verletzt worden. Die Polizei rechnete mit einer Revanche der "Störer*innen" im Laufe des Freitags, welcher als Tag des zivilen Ungehorsams ausgerufen wurde. Nach Aussage der Polizei gab es fünf Gefährdungsarten auf die sie sich vorzubereiten hatte:

  • Störung des Gipfelablaufs
  • Unterbrechung des Hafens
  • Terrorangriffe
  • Angriffe auf Reizobjekte
  • dezentrale Störungen

Der Polizei lagen keine ernsthaften Hinweise auf geplante Terroranschläge vor. Vom Verfassungsschutz hatte sie den Hinweis bekommen, dass sich der militanteste Teil beim S-Bahnhof Stellingen sammeln wollte. Ebenfalls wusste sie von den geplanten Fingern aus dem Camp und dem Treffpunkt in Veddel/Wilhelmsburg. Die generelle Strategie war darauf ausgelegt die Polizeikräfte an den vermuteten Zielorten zu positionieren statt die "Störer*innen" über die ganze Strecke zu begleiten.

Eine Hundertschaft aus Bayern wurde am S-Bahnhof Stellingen positioniert. Die übrigen Hundertschaften (insgesamt 13) des Einsatzabschnittes Eingreifkräfte hatten zu Beginn des Tages keinen Auftrag und waren über das Stadtgebiet verteilt. Aus dem Einsatzabschnitt Gegenveranstaltung waren vier Hundertschaften der Hamburger Bereitschaftspolizei im Hafen stationiert. Es gab eine Kolonne, die zum Streckenschutz eingeteilt war. Zusätzlich gab es die Einheiten mit festem Auftrag, die also bspw. zum Objektschutz eingeteilt waren.

Desweiteren waren die Polizeikommissariate stärker als sonst mit Funkstreifenwagen ausgestattet. Dies wurde "Silvesterregelung" genannt. Die PK-Kräfte waren zur Unterbindung von Störaktionen kleiner Gruppen gedacht. Sie waren nicht Teil der besonderen Aufbauorganisation "Michel" und wurden von der Einsatzzentrale der Polizei gesteuert. Sie waren explizit nicht zum Einsatz gegen Großgruppen gedacht.

Ein Großteil der Polizeikräfte hatte bereits einen Tag Gipfel hinter sich und maximal eine kurze Ruhepause von knapp zwei Stunden. Unter anderem aus dem Grund (wie bereits in einem früheren Bericht geschildert) gab es eine Nachalarmierung von Kräften, um die überarbeiteten Kräfte in die Pause schicken zu können.

Rondenbarg

Ablauf

Von dem Camp bewegte sich ein Finger nach Stellingen. Die entsprechende S-Bahn wurde von der Bundespolizei kurz angehalten. Danach fuhren die beteiligten Personen weiter bis nach Wilhelmsburg. Zwei Finger bewegten sich vom Camp Richtung Innenstadt ohne Vorkommnisse und trafen dort auf Polizei. Nach dem Finden einer anmeldenden Person konnten diese Finger sich in einer quasi Spontandemonstration geordnet bewegen. Dies waren ca. 1000 Personen. Ein weiterer Finger startete im Innenstadtbereich, verschwand dann, um bei der Alster wieder aufzutauchen. Das Ziel war wohl eines der Hotels, welches sie aber nicht erreichen konnten. Beim Berliner Tor befand sich ein weiterer Finger.

Insgesamt verliefen diese Finger jedoch weitestgehend ruhig. Ein unregelmäßiger Finger startete im Camp, bestand aus ca. 200 Personen und auf dem Weg wurden nach Erkenntnis der Polizei bereits etliche Delikte verübt. Dieser Finger bewegte sich über die Silvesterallee, Richtung Schnackenburgallee. Die Polizei konnte eine Gegenaufklärung vernehmen und beobachtete das Schleppen von Barrieren auf die Fahrbahn auf Höhe Schnackenburgallee. Die Gruppe bewegte sich dann weiter Richtung Holstenkamp/Bornkampsweg und es wurden weitere Delikte begangen. Eine Beweis- und Festnahmeeinheit "Blumberg" sollte diesen Finger stoppen und die Verübung von Straftaten stoppen.

Auf dem Weg beobachtete die Polizei eine zunehmende Vermummung. Schließlich traf der Finger auf eine Hundertschaft "Eutin". Diese war in den Fahrzeugen unterwegs, hielt an und die Polizist*innen waren dabei ihre Ausrüstung anzulegen als der Bewurf nach Angaben der Polizei startete. Allerdings wurden keine Polizist*innen getroffen. Der Finger bog anschließend in den Rondenbarg ein.

Vor dem Finger befand sich die Blumberger Einheit, die sich am vordersten Fahrzeug formierte. Der "schwarze Block" kam rund 30m vor ihnen zum Stehen. Anschließend startete vorgeblich der Bewurf und die Blumberger liefen auf den Block zu. Hinter dem Block hatten sich die Hundertschaft Eutin und Wasserwerfer positioniert. Der Block löste sich nach Angaben der Polizei auf und es wurde versucht zu flüchten. 80-100 Menschen versuchten über ein tiefer gelegenes Firmengelände zu fliehen.

Ein Segment einer Mauer brach aus der Verankerung, wodurch sich 14 Menschen verletzten. Diese wurden im Anschluss in Krankenhäuser überführt und 11 davon entließen sich nach der Behandlung selbst. Am Rondenbarg gab es wohl 59 festgenommene Menschen, die dann in die GESA gebracht wurden. Die übrigen Personen entkamen. Im Folgenden gab es Hinweise darauf, dass sich Teile davon den anderen Fingern anschlossen. Die Blumberger Einheit stellte schließlich die Beweismittel sicher.

Nach Erkenntnissen der Polizei kam der Großteil der Personen aus Süddeutschland und nur fünf aus Hamburg. Unter den Personen sollen der Leiter des Roten Aufbaus Hamburg und der Anmelder des Sonderzugs nach Hamburg gewesen seien.

Gerichtsverfahren

Zu den Ereignissen am Rondenbarg läuft ein Gerichtsverfahren, weswegen die Polizei zurückhaltend mit einigen Infos umging. Unter anderem ist es Bestandteil eines Gerichtsverfahrens, wie heterogen/homogen die Gruppe wirklich war, sodass auch hierzu nur weniges zu vernehmen war.

Zusammensetzung Camp

Es gab einige Fragen zur Zusammensetzung der Camp-Bewohner*innen. All zu viel konnte die Polizei nicht vermelden. Allerdings sagte sie aus, dass die Menschen aus dem Sonderzug dem Camp zugeordnet werden konnten und sich im Camp 500 bis 630 Personen befunden hätten. Es seien unterschiedliche Protestformen und eine Vernetzung mit lokalen linken Aktivist*innen geplant gewesen. Im Camp seien keine Kontrollen unternommen worden.

Durchsage "Treffpunkt Altona"

Es gab einige Fragen zu einer Durchsage, deren Ursacher*in aber nicht ausfindig gemacht werden konnte. Die Polizei konnte nur spekulieren mangels stichhaltiger Erkenntnisse. Es wurde angesichts dieser Durchsage immer wieder gefragt, warum denn keine Kräfte nach Altona (Elbchaussee) entsandt wurden. Allerdings war der Polizei zum Zeitpunkt der Durchsage nicht die Existenz der Gruppe an der Elbchaussee bekannt und sie hatte den Finger, in dem mutmaßlich die Durchsage stattfand, gestoppt und musste insofern annehmen, dass es keinen akuten Handlungsbedarf gab.

Sonstiges

Es gab noch etliche weitere Fragen, die aber zum Teil aufgrund von laufenden Ermittlungen nicht beantwortet werden konnten oder sich mit Details beschäftigten, die für den Gesamtzusammenhang meiner Meinung nach nicht relevant waren. Das lässt sich aber natürlich alles im Wortprotokoll nachlesen, weswegen ich es an dieser Stelle dabei belasse.

Elbchaussee und Große Bergstraße

Ablauf

Um 6:30 trafen die ersten Personen am Donnerspark ein. Das Eintreffen schien nicht Aufsehen zu erregen und die Polizei wurde nicht informiert. Die Einzelgruppen kamen in normaler Straßenkleidung. Scheinbar auf Kommando zogen sich alle Personen in schwarz um. Die Polizei vermutet, dass ein Teil der Kleidung mitgebracht und ein anderer im Park vorab deponiert wurde. Am Ende ergab sich ein geschlossenes schwarzes Bild. Um 07:27 wurde die Elbchaussee betreten und eine Rauchbombe gezündet, welche die Sicht blockierte. Erste Autos wurden entzündet. An der Spitze befand sich ein Transparent und alle hielten sich an Tempo und Richtung der ersten Reihe. Weitere Autos am Rand und in Seitenstraßen wurden entzündet. Es gab sogar den Versuch ein Ladengeschäft in einem Wohnhaus anzuzünden.

Eine Anwohnerin filmte das Geschehen aus einer Einfahrt heraus. Als dies bemerkt wurde, sind einige der Personen aus der Gruppe auf sie zugekommen, haben die Kamera entfernt und sie getreten. Mehrfach wurde Leuchtmunition in die Luft geschossen, wodurch ein Polizeihubschrauber und eine Fahrradfahrerin getroffen wurden. In der Nähe des Altonaer Bahnhofs wurden Molotovcocktails in die Nähe dreier Streifenwagen der Bundespolizei geworfen. In einem der Fahrzeuge befand sich ein Polizist. Die ersten Scheiben eines anderen Streifenwagen wurden eingeschlagen. Der Polizist ging wohl davon aus, dass er sich in Lebensgefahr befindet, zog seine Dienstwaffe und stieg aus. Die Kleingruppe zog sich zurück und schloss sich wieder der großen Gruppe an. Eine Verfolgung hat nicht stattgefunden.

Ein großer Teil der Gruppe trennte sich im Bereich Altona und verschwand in der Umgebung. Der Rest ging über die Große Bergstraße zum IKEA. Mit vier Molotovcocktails wurde der Versuch unternommen IKEA niederzubrennen. Zu dem Zeitpunkt befanden sich bereits Mitarbeiter*innen im Gebäude. Um 07:46 startete der Rückzug als Einzelgruppen. In sichtgeschützten Bereichen zogen sich die Personen wieder um und verschwanden anschließend unauffällig. Die Fluchtrouten waren dabei abenteuerlich und setzten eine gute Ortskenntnis und/oder Planung voraus. Einige der Gruppen sind sogar über den Tatort zurückgegangen ohne erkannt zu werden.

Folgen

Nach heutigen Schätzungen beläuft sich der Sachschaden auf 1,5 Millionen Euro. Allerdings sind auch erhebliche psychische Schäden geblieben. Kinder wurden traumatisiert und Erwachsene sind arbeitsunfähig geworden. Es laufen etliche Strafverfahren.

Vorgehen der Gruppe

Offenbar wurden Aufgaben an einzelne Personen der Gruppe vergeben und von diesen sehr genau ausgeführt. Die Polizei ordnet das Vorgehen als paramilitärisch ein. Es sei sehr gut vorbereitet gewesen und die Menschen haben eine routinierte Wirkung gehabt.

Reaktion der Polizei

Der erste Notruf ging bei der Polizei um 07:32 ein. Insofern hätte eine Reaktion innerhalb von 14 Minuten erfolgen müssen, was nahezu ausgeschlossen war. Eine BFE sollte nach Altona fahren, wurde aber unterwegs immer wieder in Auseinandersetzungen verwickelt. Die Einheit aus Stellingen wurde verlegt, war aber erst um 8 Uhr da. Die ersten PK-Kräfte erschienen um 07:50. Sie hätten vorher da sein können, aber sie wurden zurückgehalten, da die Situation für sie zu gefährlich war.

Die Polizei hatte keinerlei vorherige Erkenntnisse über diese Aktion, was bei einer Personenzahl von 200 Menschen schon sehr verwunderlich sei. Anhand der Positionen der Kräfte und dem Zeitablauf sei es nicht möglich gewesen rechtzeitig genügend starke Einheiten nach Altona zu verlegen. Durch diese Aktion sei die Polizei düpiert worden. Der Polizeipräsident bat daher die Hamburger*innen um Verzeihung. Die exakt gleiche Lage sei für die Polizei neu gewesen, so Dudde. Die Zeit sei "gut" gewählt gewesen, da alle Kräfte in Auseinandersetzungen gebunden waren.

In Zukunft müsse die Polizei besser Präsenz zeigen und schneller nach Beendigung der Gefahr vor Ort sein, so Grote. Beispielsweise wussten die Anwohner*innen an der Elbchaussee nicht, dass die Gefahr bereits vorüber war, weil lange keine Polizei kam. Die gefühlte Dauer war daher länger als die faktische Dauer der Lage. Insofern hätte man die PK-Kräfte hinter der Gruppe fahren lassen können, um zu signalisieren, dass die Polizei jetzt da und die Gefahr vorüber sei. Eine flächendeckende Besetzung mit Hundertschaften sei unrealistisch und die Anzahl an Kräften dafür unvorstellbar. Hundertschaften würden dort platziert, wo es gesicherte Erkenntnisse für Probleme gebe. Die Größe, der Organisationsgrad und das Ausmaß der verbrecherischen Konsequenz sei nicht vorsehbar gewesen. Grote habe sich schlecht gefühlt, da der eigene Anspruch nicht erfüllt werden konnte. Es sei erschreckend, wie die Skala des Möglichen ausgeweitet wurde. Er habe ein Ohnmachtsgefühl gehabt und sei der Auffassung der eigenen Verantwortung nicht gerecht geworden zu sein. Auf das Erwartbare sei die Polizei vorbereitet gewesen.

Auf Frage hin erklärte die Polizei, dass Einheiten sich nicht sofort lösen könnten. Sie müssten erst wieder zu ihren Fahrzeugen gehen und dann könnten sie auf dem Weg immer noch aufgehalten werden. Daher wären unter Umständen entferntere Einheiten schneller zu verlegen.

Laufende Ermittlungen

Zu den Geschehnissen in der Elbchaussee konnte die Polizei noch weniger als zum Rondenbarg sagen, da es noch keine öffentliche Gerichtsverhandlung gegeben habe. Daher konnte die Polizei nichts zur Herkunft der mutmaßlichen Täter*innen sagen.

Mein Fazit

Ich habe dieses Mal die Fragen weitestgehend ausgelassen, da sich vieles wiederholte und auch über Dinge ging, wo die Polizei keine Angaben machen konnte bzw. wollte. Das volle Erlebnis gibt es dann mit dem Wortprotokoll. Meiner Einschätzung nach hat die Polizei in der Elbchaussee ihr Bestmöglichstes getan. Es kann nicht die Konsequenz aus diesem Ereignis sein, einen Polizeistaat zu wollen, wo an quasi jeder Straßenecke Hundertschaften stehen. Allerdings scheint das die zwischen den Zeilen verborgene Auffassung der CDU zu sein. Ich finde es erholsam, dass diese Vorschläge NICHT von der Polizei bzw. Herrn Grote kamen.

Sprachlich war die Polizei etwas voreilig damit Leute Täter*innen und Straftäter*innen zu nennen. Korrekterweise sind dies mutmaßliche (Straf-)Täter*innen bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung in einem rechtsstaatlichen und fairen Gerichtsverfahren.

Ich finde die Herkunft der Gruppe an der Elbchaussee sehr interessant. Allerdings werden wir uns dort wohl noch gedulden müssen. Der feuchte Traum der CDU und AfD wäre wohl, wenn die Polizei Verbindungen zur Roten Flora findet und sich damit ein super Argument auftun würde, die Rote Flora zu schließen. Ich kann nur hoffen, dass es eine solche Verbindung nicht gibt, denn dann würde wieder ein konservativer bzw. rechter Narrativ gewinnen, der alle linken Kräfte verteufelt. Ich möchte an dieser Stelle nochmals an Herrn Warnholz erinnern, der vor einigen Sitzungen der Meinung war, die GRÜNE JUGEND sei extremistisch.

Es ist absolut klar, dass diese Aktion an der Elbchaussee absolut inakzeptabel war und ich hoffe, dass die Polizei zumindest einige der Verantwortlichen finden kann. Zumal ich diese Aktion in keinster Weise als links bezeichnen würde. Allerdings wünsche ich mir auch einen ernsthaften und differenzierten Diskurs über die Folgen der neoliberalen Politik und welche Gewalt dort gegen arme Menschen ausgeübt wird seitens des Staates. Wo bleibt die Entrüstung der CDU über die hohe Kinderarmut in Deutschland, die prekäre Beschäftigung von so vielen Menschen, die absurd hohe Arbeitslosigkeit in Griechenland und Spanien, welche auch Folge der deutschen Exportpolitik ist? Unter der neoliberalen Politik des Establishment leiden viele Millionen Menschen in Europa, das ist aber keine Gewalt im öffentlichen Diskurs, sondern scheinbar ein Naturgesetz oder die Schuld der Betroffenen (Victim Blaming). Für die CDU scheint diese Gewalt kein Fehler, sondern ein Feature zu sein. Genauso wie der Verfassungsschutz jahrelang auf dem rechten Auge blind war.

Warum regt sich die CDU mehr über linke, wenn sie es denn sind, Extremist*innen auf? Weil diese tatsächlich das System gefährden und dort angreifen, wo es dem Kapitalismus weh tut. Was sind ein "paar" tote scheinbare Ausländer*innen da schon bei rechtem Extremismus? Deren Gewalt gefährdet ja nicht die Machthabenden, sondern nur schwache Minderheiten. So oder so ähnlich ist wohl der Grund für die einseitige Echauffierung der CDU - selbstredend nicht aller Menschen in der CDU, aber einer signifikanten Menge.

Ich glaube nicht daran, dass die Polizei bei G20 systematisch Menschen verletzen wollte. Allerdings wurde das Fehlverhalten der Polizei, vielleicht auch in Folge der schlechten Unterbringung und der Einsatzbedingungen der Polizist*innen, kein einziges Mal selbst zugegeben. Bei den entsprechenden Fragen der LINKEN und der GRÜNEN wurde gemauert und abgelenkt.

Im Nachhinein zur Sitzung ist herausgekommen, dass sich bei Welcome to Hell vermummte Polizist*innen im schwarzen Block befanden. Dabei war die Vermummung eines der Hauptgründe für die Eskalation auf der Demo. Das Verbot der NPD wurde einst damit abgelehnt, dass sich zu viele V-Männer in ihr befänden. Der eigentliche Skandal aber ist, dass die Polizei diesen Umstand während der Befassung zu Welcome to Hell kein einziges Mal erwähnte. Da stellt sich dann doch die Frage, was für Sachen die Polizei noch vor dem Ausschuss geheim hält.

Einzelne Straftaten von Polizist*innen können zudem schlecht verfolgt werden, weil es immer noch keine Kennzeichnungspflicht gibt. Am 15. Juni gibt es aber wohl eine Expert*innenanhörung im Innenausschuss der Bürgerschaft. Die Sitzung beginnt um 17 Uhr im Rathaus, also kommt alle und zeigt der bisher störrischen SPD, dass die Kennzeichnungspflicht nach dem G20-Desaster das Mindeste ist, wenn sie 2020 eine Chance an der Wahlurne haben will.