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post Von den Römern schwitzen lernen 2019-08-25 10:00:00 +0200 blog

Kürbisauflauf mit Bohnen und Möhren. Das war mein Mittagessen in der rekonstruierten Herberge im archäologischen Park Xanten. Doch der Reihe nach: Gegen 11 Uhr morgens bin im beschaulichen Xanten angekommen. Der Ort liegt rund 50 Minuten nordwestlich von Duisburg und bietet den größten Freiluft-Archäologiepark Deutschlands; jährlich besuchen diesen eine halbe Million Menschen.

Der Park ist etwas Besonderes: einige der markanten Gebäude wurden am Originalstandort in Originalbauweise im Originalmaßstab rekonstruiert. In der Werft werden auch historische Boote rekonstruiert und dann im nahegelegenen Baggersee auf ihre Funktionstüchtigkeit getestet. In dem Park wird Geschichte greifbar gemacht und das mit wissenschaftlichem Anspruch: die experimentelle Archäologie gelangt durch authentische Rekonstruktionen mit historischer Bauweise und -material an neue Erkenntnisse. Nebenbei ist das Ergebnis auch verdammt eindrucksvoll.

Die Überreste der städtischen Therme sind überdacht und damit vor Wind und Wetter geschützt. Direkt nebenan findet sich das RömerMuseum, welches die Geschichte der römischen Stadt nachzeichnet und greifbar macht. Im Museum konnte ich testweise einen römischen Schild tragen und muss konstatieren: schon nach wenigen Sekunden tat mir der Arm weh - für stundenlange Märsche mit anschließenden Kämpfen bin ich definitiv nicht geeignet.

Im Anschluss an die Theorie kam die Praxis: Bei wunderschönem Sonnenschein bin ich den Park abgegangen. Zunächst stand das Nordtor an: es wurde komplett rekonstruiert, inklusive der sehr steilen historischen Treppen. Diese mit Kampfmontur in Kürze zu erklimmen - unvorstellbar für mich. Trotzdem hat sich der Aufstieg gelohnt, der Blick ist unbezahlbar. Außerhalb des Tores finden sich Grabsteine, denn die Römer haben ihre Toten entlang der Ausfallstraßen begraben.

Zurück ging es durch eine der Alleen: An allen Wegen sind beidseitig Bäume gepflanzt, um überdachte Wege zu symbolisieren. Zwar bieten die Bäume keinen Wind- oder Regenschutz, aber sie spenden Schatten. Ich habe mir Archäologie-Pavillons angesehen, die Infos zu römischen Straßen & Verkehr sowie Bauen und Technik bereithalten. Nach einem kurzen Zwischenstopp in der Werft bin ich zum teilrekonstruierten Hafentempel gegangen; dessen Originalgröße ist einfach nur umwerfend.

Mit knurrendem Magen bin ich endlich in der Herberge eingekehrt. Neben klassischen modernen Speisen wie Currywurst/Pommes bietet das Restaurant auch einige römische Speisen nach alten Rezepten an. Der eingangs erwähnte Kürbisauflauf ist ein solches Gericht. Die Herberge wurde komplett rekonstruiert und enthält sogar eine funktionsfähige Therme. Über viele Jahre wurde ein Bad mit einer römischen Heizung beheizt, aktuell werden die entstandenen Schäden wissenschaftlich untersucht.

Direkt nebenan befinden sich rekonstruierte Handwerkerhöfe, die an den römischen Wochenenden zum Leben erweckt werden: Schauspieler*innen zeigen dann in traditioneller Tracht die verschiedenen Berufe. Das nächste Highlight war das nahezu vollständig rekonstruierte Amphitheater. Dieses ruht weitestgehend auf dem historischen Fundament, welches bis heute trägt. Besonders die sagenhafte Akkustik hat mich beeindruckt.

Nach sechs Stunden habe ich der Archäologie den Rücken gekehrt und noch schnell den heutigen Dom in Xanten besichtigt. Ein leckeres Eis hat den denkwürdigen Ausflug abgerundet. Ganz zum Schluss durfte ich noch ein Rangiermanöver im Bahnhof Xanten bewundern. Von diesem Ausflug nehme ich einige Anregungen für moderne Probleme mit und kann einen Besuch im Archäologischen Park Xanten nur empfehlen.