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title: "Corona, Autos, Terror und Angst - Eine Spurensuche"
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date: 2020-07-09 20:00:00 +0200
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categories: blog
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Spätestens seit März bestimmt Corona unseren Alltag: Maskenpflicht an vielen Orten und die Abstandsregelung sind die
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zentralen Einschränkungen, welche uns noch eine lange Zeit begleiten werden. Zwischenzeitlich wurde über Hamsterkäufe
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berichtet und der Lockdown war in aller Munde. All das wirkt Anfang Juli bereits als eine Geschichte aus grauer Vorzeit.
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Dabei liegen zu diesem Zeitpunkt (9. Juli) weniger als vier Monate zwischen dem Lockdown und den weitgehenden Lockerungen in
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Deutschland. In diesem Artikel möchte ich auf meine persönlichen Eindrücke eingehen und vor allem untersuchen, warum
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ich auf Corona so ganz anders reagiere als auf die Gefahr eines Autounfalls oder Terroranschlags.
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Autos kenne ich seit meiner Kindheit, sie gehören wohl oder übel zum Leben dazu und spätestens in der Grundschule habe ich
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die einfachsten Regeln für mein Verhalten als Fußgänger im Straßenverkehr gelernt: Vor dem Übertreten der Straße nach
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links, rechts und erneut links schauen sowie auf dem Gehweg gehen. Insofern waren die Gefahren immer bewusst, aber
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ich habe auch früh gelernt damit zu leben und ein Gefühl dafür zu bekommen. Zudem sind Autos prinzipiell sichtbar
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und ich kann ihnen aus dem Weg gehen: Spaziergänge durch Fußgängerzonen oder Waldgebiete ohne Straße sind objektiv
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frei von der Gefahr eines Autounfalls.
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Terroranschläge können zwar auch mit Autos verübt werden, aber sie zeichnen sich durch einen Überraschungseffekt aus:
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Wer im Voraus von konkreten Anschlagsplänen weiß, wird das entsprechende Areal weitestgehend meiden. Daher "erzielen"
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sie ihre intendierte Wirkung nur, wenn sie bis zur Durchführung unbekannt bleiben. Für mich bedeutet das: Ich habe
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zwar ein konstant diffuses Risiko eines Terroranschlags jederzeit und überall, aber es ist nie konkret. Selbst bei
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erfolgten Anschlägen wie auf dem Breitscheitplatz in Berlin hat mir das keine Angst gemacht. Denn ich war nicht davon
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betroffen und genau so ein Anschlag würde in zeitlicher Nähe wenig Aussicht auf Erfolg haben: Die Polizei war alarmiert,
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Vorsichtsmaßnahmen wurden erhöht und ich konnte Weihnachtsmärkte meiden. Die konkrete Gefahr für mich persönlich war
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also nicht gegeben.
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Anders sieht es bei Corona aus: Dort gibt es eine konkrete Gefahr. Allerdings habe ich bei Corona viel mehr Angst
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als bei Autos. Konkret bedeutet das: Ich meide weiterhin persönliche Treffen, gehe bis auf Ausnahmen nur ca. 10 Minuten
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weit weg zum Einkaufen und trage die Maske jederzeit außerhalb der eigenen vier Wände - ohne Ausnahme. Diese gravierenden
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Einschränkungen meiner Bewegungsfreiheit habe ich mir selbst auferlegt. Nach den offiziellen Regeln könnte ich längst
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wieder in Deutschland verreisen und auch innerdeutschen Urlaub machen; auch persönliche Treffen mit mehr als zwei
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Menschen sind unter Wahrung der Abstandsregeln bereits wieder möglich. Warum schränke ich mich bei Corona derartig
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stark ein? Zum Vergleich: Im Hinblick auf Einschränkungen der Bürger*innenrechte bin ich mehrmals auf den "Freiheit statt Angst"
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Demonstrationen gegen Massenüberwachung gewesen. An solchen Stellen habe ich mich trotz geringerer **unmittelbarer**
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Einschränkung sehr stark zur Wehr gesetzt.
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Um die Frage zu beantworten, werfe ich den Blick zurück auf die Terrorbedrohung: Häufig wird versucht aufgrund der diffusen
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Bedrohung durch Terror ganz konkret meine Freiheit einzuschränken; die Folge sind reale und dauerhafte Freiheitseinschränkungen
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ohne erkennbaren Gewinn. Im Falle von Corona erkenne ich den Gewinn der Einschränkung und reagiere eher kritisch auf zu
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schnelle Lockerungen. Das erklärt die Bereitschaft zur Einschränkung, warum aber habe ich diese große Angst und zwar
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immer noch? Die Fallzahlen sinken und rein statistisch ist die Ansteckungsrate in Hamburg aktuell so gering wie noch nicht
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zuvor seit dem Coronaausbruch.
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Ein wesentlicher Aspekt scheint mir die Solidarität zu sein: die Schutzmaßnahmen vor Corona benötigen gegenseitigen
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Respekt und **alle** müssen sich daran halten, damit wirklich **alle** geschützt sind. Solidarität ist wunderbar,
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**wenn** sie funktioniert. Selbst auf meinen kurzen Einkaufstouren beobachte ich aber etwas anderes: viele Menschen
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tragen ihre Masken falsch oder fassen sich
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trotz Maske ständig ins Gesicht; sie halten Abstände nicht ein. Diese Eindrücke verunsichern mich, denn mein Ansteckungsrisiko
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hängt von diesen Menschen und ihrem Verhalten ab. Trotz mustergültigem Verhalten meinerseits kann ich mich anstecken,
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weil sich andere nicht an die Regeln halten. Im Gegensatz dazu kann ich alleine durch mein Verhalten mein Risiko von
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Autounfällen drastisch reduzieren. Dort ist mein persönliches Risiko also hauptsächlich abhängig von Faktoren, die ich
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kontrollieren kann.
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Trotzdem gehe ich aber weiterhin einkaufen und habe auch gute Laune dabei. Nach spätestens einer halben Stunde außer
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Haus beginne ich aber die Folgen der Maske zu spüren: Ich kann keinen wirklichen Gedanken mehr fassen und lebe
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komplett im Jetzt. Das ändert sich praktisch schlagartig, wenn ich die Maske zu Hause wieder absetze: auf einmal
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öffnet sich die Welt und ich kann wieder Gedanken fassen und ich fühle mich nicht länger als Beifahrer meines Lebens.
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Vermutlich würden mir viele im Hinblick auf die Maske zustimmen, notwendig bleibt sie trotzdem.
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Warum behalte ich sie aber in einem statischen Setting wie einer Ausschusssitzung auf? Dort sind die Abstände eingehalten,
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die Menschen sind immer die gleichen und das Risiko ist somit geringer; auch verhalten sich diese Menschen tendenziell
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vernünftig und beachten die Regeln. Das geht auf einen Infozettel einer Apotheke zurück, der bei mir in der Küche hängt.
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Dort wird empfohlen wiederverwendbare FFP2-Masken nach einmaliger Nutzung eine halbe Stunde bei 80 Grad Celsius zu
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backen. Die Apotheken-Mitarbeiter*innen bei mir vor Ort halten das Backen hingegen für unnötig.
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FFP2-Masken haben zumindest etwas Eigenschutz und dieser ist angesichts der unzuverlässigen Solidarität für
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mich unerlässlich. Für mich stellt sich also die Frage: Bleibt der Eigenschutz ohne Backen bestehen? Hat die Maske
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überhaupt noch eine Eigenschutzfunktion, wenn ich sie zwischendurch in potentiell Corona-belasteter Umgebung absetze?
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Bislang halten mich diese ungeklärten Fragen davon ab, meine selbst gewählte Isolation zumindest abzuschwächen.
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Wären beide Fragen mit Ja beantwortet, dann könnte ich schrittweise viel mehr aus der Isolation heraus gehen. Denn dann
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hätte ich Freiheit ohne Erhöhung meines Risikos gewonnen. Zumindest meine politischen Termine würden dadurch erträglicher,
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weil ich dann zwischendurch trinken könnte und die nachteiligen Effekte der Maske ausblieben. Bis es jedoch soweit ist,
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falls es überhaupt dazu kommt, werde ich die Isolation wie gehabt fortführen.
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Live long and prosper!
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