Protokoll Geschichte Mittelmeer 4. Juni 2018 # 0-9 min - Geschichtswissenschaft geht nicht um Akkumulation von Details - Geschichtswissenschaft ist Dialog in Gegenwart mit Gegenwart über Vergangenheit - entscheidend ist nicht die Vermittlung von etlichen Details in VLen - Verflechtungen Menschen, Kulturen, Gesellschaften im Mittelalter in dieser VL - erster Teil strukturell und thematisch gegliedert - zweiter Teil Ereignisgeschichte - heute erster Kreuzzug - ein mediterranes Großereignis - lateinisches Europa nicht geübt in großen Militäreinsätzen - eher kleinere Scharmützel - keine sinnvolle Vorbereitung des Kreuzzugs - Misserfolg damit eigentlich Programm # 10-19 min - keine geplante Logistik für die ungewöhnlich großen Heere - häufig Plünderung für Ernährung - Erfolg hing daher eher von örtlichen Begebenheiten ab - Umgestaltung der nahöstlichen Machtverhältnisse durch die Expansion der Seldschuken - Faktor für Erfolg des Kreuzzugs - Umgestaltung mediterraner Machtverhältnisse durch das Auftreten der Normannen - Situation des Byzantinischen Reichs relevant - Byzanz sah sich als legitime Nachfolge des antiken römischen Reichs - lateinische Kaiser sahen sich ihrerseits als Nachfolger des römischen Reichs - Byzanz sieht die westlichen Kaiser als unterlegen an - dieser Anspruch der byzantinischen Kaiser stand im Widerspruch zur faktischen Machtausübung - Krise der Makedonen-Dynastie und des Reichs nach dem Tod Kaiser Basileus II. 1025 - seit der Mitte des 11. Jh: kleinere Grenzkonflikte an der Balkangrenze und im nordöstlichen Kleinasien (Seldschuken) - Wichtigkeit zunächst nicht ersichtlich, schien als normaler Konflikt - Mitte des 11. Jh: der Byzantinische General Georgios Maniakes, der in Diensten Kaiser Konstantins IX. auf Sizilien landet, heuert u.a. Normannen an aus der Familie Hauteville als Sölder an - trotz militärischer Erfolge scheitert die Kampagne an innerbyzantinischen Streitigkeiten - Byzanz erhob Anspruch auf Süditalien und Sizilien # 20-29 min - Kaiser Konstantin zweifelte an Loyalität von Georgios, rief ihn ab und damit brach militärische Präsenz zusammen - Präsenz der Normannen hatte bleibenden Erfolg - Schlacht von Manzikert (1071) (Romanov IV., gest. 1072): Verlust des anatolischen Hochlands; Etablierung des Reichs der Rum-Seldschuken - Byzanz hat Entscheidungsschlacht in Manzikert verloren - Byzanz nur noch Regionalmacht, Seldschuken waren vergleichbare Macht - Regierungssitz der Seldschuken in der Nähe Konstantinopels in Nizea - Byzanz hatte in Kleinasien nur noch einige wenige Küstenabschnitte - Seldschuken haben auch andere Mächte angegriffen (Abbasiden) Seldschuken besiegen auch Abbasidenreich; Konfrontation mit Fatimiden in Syrien und Ägypten - Etablierung der Normannen als neue starke Macht in Süditalien - 1071 Eroberung Baris durch Robert Guiscard - ab 1061 Eroberungen auf Sizilien, bis 1072 weitgehend abgeschlossen - Kreuzfahrer sind in Grenzgebiet zwischen Seldschuken und Fatimiden eingedrungen - Enkel von Robert Guiscard begründet Königreich Süditalien - Normannen profitieren von Zerstrittenheit der Araber auf Sizilien - Byzanz kann auf die westliche Krise nicht reagieren - 1080er Jahre: Robert Guiscard und sein Sohn Bohemund von Tarent greifen auf dem Balkan des Byzantinischen Reich an (Auseinandersetzungen in Durres und in Thessalien) - Anna Komnene, Alexias - Bündnis zwischen Konstantinopel und Venedig gegen die Normannen (Chrysobull von 1082) - Reorganisation und Selbstbehauptung des Byzantinischen Reichs unter Alexios Komnenos - trotz der Instabilität der seldschukischen und fatimidischen Herrschaft sucht Kaiser Alexios I Komnenos 1095 nach Unterstützung im Westen - in arabischer Histoeographie sind Kreuzzüge nur Fortsetzung anderer militärischer Auseinandersetzungen - arabische Quellen: seit 11. Jh Angriffen in Spanien, Süditalien, Levante - "Kampf ums Paradies" (Paul M. Cobb) # 30-39 min - 1054 war wechselseitige Exkommunikation des Patriarchen in Konstantinopel und des Papstes in Rom - Ereignis in Geschichte überbewertet - Papst strebt immer mehr an an oberster Stelle zu stehen im Christentum - bis ins 15. Jh. gab es immer wieder Versuche die Differenzen zwischen römisch-katholischer und griechisch-orthodoxer Kirche zu überwinden - geringere Unterschiede als zwischen Protestanten und Katholiken - Normannen erobern 1066 Britannien - früheste Form des russischen Reichs war ein Wikingerreich - Normannen als "Kriegsprofis" nach Süditalien, um dort zu kämpfen - Guiscard hat innerhalb von zwei Jahrzehnten die normannischen Kräfte vereinigt - Hauptkampfmittel der Normannen waren Pferde # 40-49 min 1095: Hilfeersuchen an Papst Urban II (Söldner für Krieg gegen Seldschuken) - Kreuzzugsaufruf in Clermont - der Papst trifft offenbar einen Nerv der Zeit - mehrere Kontingente ziehen los - "Volkskreuzzug" unter Peter von Amiens (1096) - Pogrome im Rheinland - Beginn der Gewalttradition gegen Juden für Rest des Mittelalters und weit darüber hinaus - vermutlich wusste Papst nicht einmal, was er lostrat - war verbunden mit Anspruch Jerusalem einzunehmen - Erfolg war sehr erfolgreich - lange Zeit wurden Ritter als notorische Friedensstörer gebrandmarkt durch Kirche - Versuche seitens der Kirche Personengruppen und Tage von Kämpfen auszunehmen - mit Kreuzzug gab es die Möglichkeit das Handwerk des Tötens religiös konform einzusetzen - adelige Kontingente aus Nordfrankreich/Flandern, Südfrankreich/Provence, Normannen aus Süditalien - Treffpunkt: Konstantinopel zwischen Herbst 1096 und Frühjahr 1097 # 50-59 min - Byzanz sei überrascht gewesen über zehntausende Kämpfer - diese Truppen wollten essen haben und übergesetzt werden - fraglich: Verhältnis der Heerführer und ihrer Kontingente durch byzantinischen Kaiser - Kaiser setzten Loyalitätseid durch (Vasallität) - Unterordnung der neu eroberten Gebiete unter Oberhoheit des Kaisers, wenn diese vorher schon zu Byzanz gehörten (Leerformel) - Kaiser achtete auf getrenntes Übersetzen und getrennte Unterbringung, sodass Aufeinandertreffen erst auf asiatischer Seite stattfand - Lateiner waren auf Ortskenntnis angewiesen - Byzantiner und Lateiner griffen koordiniert an - Lateiner wollten plündern - Byzantiner haben friedliche Übergabe vereinbart unter Wahrung von Besitz und Leben - umstrittene Eroberung von Nizäa ohne Plünderung - mehrjähriger Eroberungszug (1097-1099) mit Eroberung u.a. von Antiochia (1098) und Jerusalem (Blutbad, 1099) # 60-69 min - vier Kreuzfahrerherrschaften etabliert - Fürstentum Antiochia (Bohemund von Tarent) - Grafschaft Edessa (Balduin von Boulogne) - Königreich Jerusalem (Gottfried von Bouillon) - Grafschaft Tripolis (Raimund von Toulouse) - Kreuzfahrerstaaaten als neuer Machtfaktor in der Levante - enge Kommunikation mit den europäischen Heimatregionen der "Franchi" - regelmäßig neue militärische Großkampagnen (Kreuzzüge) unter Beteiligung der höchsten geistlichen und weltlichen Machthaber des lateinischen Europa - aus byzantinischer Perspektive: problematischer, unruhiger und militärisch potenter Nachbar im Südosten; Bündnisoption - aus Perspektive der Seldschuken, Fatimiden und später Ayyubiden: neue Herrschaftsbildung an der Peripherie der Einflussbereiche der Großreiche; bei militärischem Druck nicht dauerhaft widerstandsfähig (Eroberung Edessas durch Zengi 1144; Schlacht von Hattin 1187) - Pläne direkt nach dem Kreuzzug größere Kontingente über Land in die Levante zu schicken, die sind aber schon in Kleinasien umgekommen - namhafte Beteiligung an den Kreuzzügen des 12. Jh. # 70-79 min - aus byzantinischer Sicht war der Kreuzzug ein Schlag ins Wasser - Ziel war politische Kontrolle der Pilgerwege nach Jerusalem - Gegend war multireligiös und blieb es - kein Missionskrieg - Herrschaftsebene wurde ausgetauscht, Gesellschaft blieb weitestgehend bestehen - gibt Quellen darüber, dass Saladin eine Burg belagerte und nebenher Karawanen unbehelligt herzogen - neuere "Franchi" oftmals religiös extremer als länger dort lebende Menschen - "festbeißen" auf Homogenität ist Phänomen der Moderne # 80-89 min - "Liber de liberatione civitatum orientis" - zeitgenössische Berichterstattung als "alternative Geschichte" - Caffaro (gest. 1166) - Verfasser offiziöser Annalen Kommune Genua (ab 1152) - nach Niederschrift des Berichts über die Entstehung der Kommune bis zu 1150er Jahren - Ergänzung: uch über Befreiung der Städte des Orients - Kreuzzug als Ursprungsmythos der Stadtgemeinde