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title: "Gute Anträge sind leicht verständlich"
date: 2020-03-29 10:00:00 +0200
categories: politics district
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"In der Kürze liegt die Würze." Die meisten politischen Anträge verletzen diese Regel und viele weitere.
Sie sind gespickt mit akademischen Begriffen, Wortungetümen und nicht verständlichen Kettensätzen.
Dies verhindert ganz praktisch die Teilhabe ganzer Bevölkerungsschichten am politischen Prozess.
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Das Hauptmittel im politischen Prozess ist dröge Textarbeit. Sogenannte Anträge werden erarbeitet, beschlossen
und erheben Forderungen: Beispielsweise soll die Bezirksamtsleitung über den Fortschritt einer Planungsmaßnahme
berichten. Anträge haben prinzipiell zwei Teile: der Sachverhalt beziehungsweise die Begründung erklären
Beweggründe, Hintergrundinformationen und leiten die Forderungen her; das Petitum enthält die reinen Forderungen
und ist der rechtsverbindliche Teil.
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Anträge stehen oft in dem scheinbaren Spannungsfeld einerseits allgemeinverständlich zu sein und andererseits
keine Schlupflöcher für die Verwaltung zu lassen. Im politischen Alltag schwingt das Pendel viel zu oft
Richtung Verwaltungsdeutsch. Nach einiger Zeit stellt sich auch eine Art Betriebsblindheit ein; gekoppelt
mit mangelnder Reflexion entstehen dann wahre Textmonster. Dabei wird verkannt: Auch in der Verwaltung
arbeiten Menschen und gut geschriebene Texte erleichtern das Verständnis und damit die Arbeit.
Zumindest der Sachverhalt sollte allgemeinverständlich sein und den Regeln guter Texte folgen:
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<ul class="list-unstyled">
<li><span class="fas fa-check"></span>&nbsp;starke Überschrift ist konkret und weckt Aufmerksamkeit</li>
<li><span class="fas fa-check"></span>&nbsp;absteigende Relevanz: erster Absatz enthält Kernbotschaft</li>
<li><span class="fas fa-check"></span>&nbsp;starke Verben verwenden; Adjektive und Füllwörter weglassen</li>
<li><span class="fas fa-check"></span>&nbsp;ein Atemzug reicht für einen Satz</li>
<li><span class="fas fa-check"></span>&nbsp;ein Gedanke pro Satz</li>
<li><span class="fas fa-check"></span>&nbsp;vorwärts schreiben: keine Rückbezüge</li>
<li><span class="fas fa-check"></span>&nbsp;maximal sechs Wörter zwischen Verbteilen: zu [sechs Wörter] entscheiden</li>
<li><span class="fas fa-check"></span>&nbsp;Hauptsachen gehören in Hauptsätze</li>
<li><span class="fas fa-check"></span>&nbsp;keine eingeschobenen Nebensätze</li>
<li><span class="fas fa-check"></span>&nbsp;Grammatikalische Abwechslung: Neben Komma, auch Doppelpunkt und Semikolon verwenden</li>
<li><span class="fas fa-check"></span>&nbsp;bildliche Sprache verwenden: Acker statt landwirtschaftlich genutzte Fläche</li>
</ul>
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Klar ist auch: Diese Regeln erfordern Zeit und Muße; dies fehlt jedoch oftmals in der Hektik von Antragsfristen
und anderen Sachzwängen. Dennoch lohnt es sich die eigenen Anträge anhand dieser Regeln zu überprüfen; die
Belohnung sind gute Texte, die auch anderweitig verwendet werden können. Für weitergehende Informationen kann
ich das Buch "Deutsch für junge Profis" von Wolf Schneider empfehlen.
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